Kamala Harris gibt sich entschlossen: Sie will bei der Wahl am 5. November als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten gegen Donald Trump antreten Foto: AFP/Brendan Smialowski

Kamala Harris (59) sichert sich die Nominierung der Demokraten in Rekordtempo. Und bietet den Amerikanern im November jetzt eine echte Wahl. Der Kontrast zu Donald Trump (81) könnte kaum größer sein.

Der Verzicht Joe Bidens auf die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten erwischt Trump auf dem falschen Fuß. Und stellt das Rennen um das Weiße Haus auf den Kopf. Plötzlich ist der 78-Jährige nicht mehr die vitalere Alternative zweier Kandidaten, die am Ende der nächsten Amtszeit beide die ältesten Präsidenten der USA wären. Nun steht er als alter, weißer Mann allein auf weiter Flur.

Der Kontrast wird umso deutlicher, falls die rund 4000 Delegierten bei der virtuellen Abstimmung vom 1. August an die 59-jährige Kamala Harris auf den Schild heben. Daran besteht kein Zweifel mehr, seit die von Biden empfohlene Vizepräsidentin in atemberaubender Zeit die Demokraten hinter sich vereinen konnte.

81 Millionen Dollar Spenden in 24 Stunden

Harris erhielt mehr als genügend Zusagen aus den Delegationen der Bundesstaaten, um die Nominierung als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten zu sichern. De facto alle potenziellen Mitbewerber erklärten ihren Verzicht und fast die gesamte Parteiprominenz steht hinter ihr. Dass Barack Obama sie bisher nicht unterstützt hat, erklären Insider mit seinem Selbstverständnis als „Elder Statesman“.

Statt Selbstzerfleischung herrscht bei den Demokraten Ka-ma-la-Mania, die sich auch in den schwindelerregenden Spenden ausdrückt. Binnen 24 Stunden flossen 81 Millionen Dollar in die Wahlkampfkasse. Die Präsidentenpartei wacht nach dem Biden-Rückzug aus ihrer Lethargie auf und mobilisiert. Zehntausende Menschen meldeten sich freiwillig, um Wahlkampf für Harris zu machen.

Das erwischt Trump auf dem falschen Fuß. Und lässt seine Strategie implodieren, Biden als verwirrten Tattergreis zu karikieren. Mit der zwanzig Jahre jüngeren Harris geht das nicht. Stattdessen richten sich die Scheinwerfer nun auf seinen Gesundheitszustand. Der Kandidat, der mit Fettleibigkeit und Herzproblemen ringt und gerade ein Attentat überlebt hat, weigert sich hartnäckig, mehr medizinische Informationen öffentlich zu machen.

Sechs von zehn Amerikanern finden Trump zu alt

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos sagen sechs von zehn Amerikanern, der „America-First“-Kandidat sei zu alt. Ein Thema, das Harris ausschlachten will. Wie auch andere offenkundige Gegensätze.

Hier eine Kandidatin, die eine indische Mutter und einen Vater aus Jamaika hat und mit dem Juden Doug Emhoff verheiratet ist. Ihre Herkunft reflektiert die multiethnische Gesellschaft der USA des Jahres 2024. Dort ein Kandidat Trump, der aus privilegierten Verhältnissen stammt und die Nostalgie nach den guten alten Zeiten bedient, als weiße Männer in Amerika den Ton angaben.

Während der „Make-America-Great-Again“-Kandidat eine ausgesprochen düstere Vorstellung von einem Land im Niedergang hat, strahlt Harris mit ihrem gewinnenden Lachen Fortschritts-Optimismus aus. Sie verteidigt die grüne Wende, Infrastruktur-Investitionen und Reformen im Gesundheitssystem. „Wir gehen nicht zurück“.

Abtreibung als Wahlkampfthema

Harris spricht mit Leidenschaft darüber, wie sie als Präsidentin den Zugang zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen sichern will. Ein Thema, das vor allem auch den Amerikanerinnen in den suburbanen Wohngebieten unter den Nägeln brennt. „Bei diesen Wahlen geht es um Abtreibungsrechte und niemand kann das besser vermitteln als Kamala“, schwärmt Jessica Mackler, Präsidentin von Emily’s List. Die Lobbygruppe unterstützt Kandidatinnen der Demokraten, die sich für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch einsetzen. „Wir glauben an Freiheit“, sagte Harris letzte Woche im Swing State Michigan. „Freiheit von der Regierung, die sich in Herzensangelegenheiten und familiäre Angelegenheiten einmischt“. Und wird nicht müde daran zu erinnern, dass Trump für das Ende von „Roe v. Wade“, die Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshof, die 1973 eine weitgehendes Recht auf Abtreibung einräumte, verantwortlich war.

Ganz besonders betonen will Kamala Harris den Unterschied zwischen ihr, der erfahrenden Chefanklägerin in Kalifornien, und dem verurteilten Straftäter Donald Trump. Bei ihrem ersten Besuch in der Wahlkampfzentrale von Delaware gab sie einen Vorgeschmack. Sie habe mit Personen zu tun gehabt, „die Frauen missbrauchten. Betrügern, die Verbraucher abgezogen haben. Taschenspieler, die Regeln zu ihren eigenen Nutzen gebrochen haben.“ Sie könne den Amerikanern versichern: „Ich kenne diesen Donald-Trump-Typus.“

Schon bald könnte Harris der Wahlkampf-Guru Obamas, David Plouffe, helfen, diese Kontraste noch stärker herauszuarbeiten. Er ist für eine führende Position in ihrem Team im Gespräch.

Trump reagiert nach dem Muster, das er schon 2016 gegen Clinton verfolgte: Mit sexistischen Attacken, die sie als Frau und Schwarze beleidigen. Seine Gegenkandidatin sei „dumm wie ein Stein“. Zu einer Debatte gegen Harris will er sich nicht verpflichten. Unter dem Vorwand, dass das zweite noch mit Joe Biden vereinbarte Duell im September von ABC zu seinem Haussender Fox verlegt werden sollte, hält sich Trump eine Hintertür offen. Vor laufender Kamera wäre der Kontrast zu Harris zu deutlich.