Parlamentspräsidentin Roberta Metsola ist sich keiner Schuld bewusst. Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Der Italiener Alessandro Chiocchetti ist zum neuen Generalsekretär des Europaparlaments ernannt worden. Kritiker sprechen von einem Kuhhandel.

Große Aufregung im Europäischen Parlament. Im Mittelpunkt steht dieses Mal nicht ein politischer Streit, sondern eine undurchsichtige Personalentscheidung. Der Italiener Alessandro Chiocchetti ist überraschend zum Generalsekretär des Europaparlaments ernannt worden. Er löst am 1. Januar den Deutschen Klaus Welle ab. Der Generalsekretär ist der ranghöchste Beamte des EU-Parlaments und damit Herr über mehr als 8000 Mitarbeiter und einen Etat von fast zwei Milliarden Euro. Vor der Abstimmung hatte das EU-Parlament weder den Tag der Wahl offiziell bestätigt, noch die Kandidaten bekannt gegeben.

Kandidatenvorstellung dauerte zehn Minuten

Chiocchetti sei ausgewählt worden, nachdem sich jeder der vier Kandidaten zehn Minuten lang vorgestellt habe, schreibt Grünen-Vizeparlamentspräsidentin Heidi Hautala in einer Mitteilung. „Dies entspricht nicht einmal ansatzweise den Anforderungen für die Besetzung von Führungspositionen im Parlament.“ In ihren Augen ist es offensichtlich, dass Parlamentspräsidentin Roberta Metsola die Wahl schnell durchboxen wollte - bislang war Chiocchetti ihr Kabinettschef. Auch der deutsche SPD-Europaabgeordnete Réne Repasi äußerte sich unzufrieden. „Schlechte Nachrichten für das Parlament und seine Glaubwürdigkeit“, schreibt der Deutsche auf Twitter. Sein SPD-Kollege Jens Geier empört sich über „ein derartiges Geschacher“.

Gemunkelt wird von einem Hinterzimmerdeal

Der Posten wird von den 14 Vizepräsidenten des Parlaments sowie fünf sogenannten Quästoren vergeben – also von 19 Parteivertretern. Gemunkelt wird, dass die Ernennung Chiocchettis ein Deal sei. Demnach sollen die Linken einen neu geschaffenen Spitzenposten im Parlament besetzen dürfen. Und die Gruppe Renew, in der etwa die deutsche FDP vertreten ist, soll einen ebenfalls neuen Vizeposten im Parlament erhalten.

Bei den EU-Institutionen, in denen der Status gerne in Größe des Büros oder Hubraum des Dienstwagens gemessen wird, sind Deals bei den Postenvergaben keine Seltenheit. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola ist sich allerdings keiner Schuld bewusst. Sie unterstreicht, dass alle Prozeduren korrekt durchlaufen worden seien.