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Prinz Andrew, Sohn der britischen Queen, habe sie als Minderjährige missbraucht, sagt Virginia Giuffre. Nun gibt es Streit um die Zustellung ihrer Klage nach London.

London - Von einer „Granate“, die im britischen Königshaus gelatzt sei, und einem „bizarren Katz- und Maus-Spiel“ schreiben Londons Boulvardblätter. Aber auch, wenn man es weniger dramatisch formuliert, hat der Vorgang Sprengkraft: Prinz Andrew, dem zweitältesten Sohn der Queen, wurde eine Klageschrift wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen in den USA überstellt.

Den nun einsehbaren Gerichtsakten zufolge überreichte ein Vertreter der Klägerin Virginia Giuffre bereits am 27. August die Unterlagen einem Polizisten am Eingang zur Residenz des Prinzen im englischen Windsor. Giuffre wirft dem 61-jährigen sexuellen Missbrauch vor.

Sie sei als „Sex-Sklavin“ gehalten worden

Andrew hat sich bisher zu der Zustellung der Klageschrift nicht geäußert. Allerdings könnte er demnächst zu einer Stellungnahme gezwungen sein. Am 13. September will ein Gericht in New York darüber entscheiden, ob die Klageschrift rechtmäßig zugestellt worden ist. In diesem Fall hätte der Prinz keine 20 Tage mehr Zeit, darauf zu reagieren. Würde er weiterhin schweigen, könnte das Gericht den Tatbestand des Missbrauchs automatisch akzeptieren und den Prinzen zu Schadensersatz verurteilen.

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Die Vorwürfe, die die US-Amerikanerin Virginia Giuffre erhebt, sind seit 2019 bekannt. Die 38-Jährige sagt, der Prinz habe mit ihr 2001 als damals 17-Jährige mehrfach Sex gehabt. Dabei habe er gewusst, dass sie von seinem Freund, dem Investmentbanker Jeffrey Epstein, als „Sex-Sklavin“ gehalten und „unter Androhung von Strafe“ gezwungen wurde, seine Wünsche zu erfüllen.

Straftäter Jeffrey Epstein war sein Freund.

„Vor zwanzig Jahren haben Prinz Andrews Wohlstand, Macht und Position und sein Netz an Verbindungen es ihm erlaubt, ein verängstigtes, ein verletzliches Kind zu missbrauchen“, heißt es unter anderem in der Klageschrift.

Der Prinz kann sich „nicht erinnern“

Der Multimillionär Epstein soll jahrelang minderjährige Mädchen und junge Frauen sexuell missbraucht und zur Prostitution angestiftet haben. Der wegen Sexualverbrechen verurteilte Investmentbanker war nach seiner neuerlichen Festnahme 2019 tot in seiner Gefängniszelle in Manhattan gefunden worden, nach offiziellen Angaben hatte er sich das Leben genommen. Epstein hatte gute Kontakte zu zahlreichen Politikern und Prominenten, darunter auch die früheren US-Präsidenten Bill Clinton und Donald Trump sowie Microsoft-Gründer Bill Gates.

Foto mit mutmaßlichem Opfer

Andrew wiederum hat stets beteuert, dass der Missbrauch „nie geschehen“ sei. Er könne sich „nicht daran erinnern, diese Lady je getroffen zu haben“. Ein Foto, das ihn mit der Hand um die Taille der jungen Giuffre in London zeigt, hatten seine Anwälte als Fälschung bezeichnet. Mittlerweile hat sich Andrew weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück gezogen. Fast alle Ehrentitel hat er ablegen müssen. Eine aktive Rolle für die Royals spielt er keine mehr.

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Zuletzt hatte er offenbar all seine Bediensteten in Windsor angewiesen, keine Dokumente in Empfang zu nehmen oder zu quittieren. Als ein Bote der Klägerin am 26. August die Klageschrift in Andrews Residenz persönlich übergeben wollte, soll der Mann abgewiesen worden sein.

Als er am nächsten Tag zurück kam, ließ sich aber offenbar einer der wachhabenden Polizisten die Schrift aushändigen. Ob damit der Form Genüge getan ist, wird nun das damit befasste Gericht entscheiden.