Plakate des ZPS auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Foto: ZPS/Zentrum für Politische Schönheit

„Die Bundeswehr warnt. Sie befinden sich in einer Kampfmittelverdachtszone!“ Seit Montag hängen auffällige Plakate in der Stuttgarter Innenstadt und warnen vor Munitions- und Sprengstoffdepots in der Umgebung. Das steckt hinter der Aktion.

Stuttgart - Ob beim Kommando Spezialkräfte (KSK), dem umstrittenen Verein Uniter oder aus Kasernen: Dass den deutschen Sicherheitsbehörden immer wieder Schusswaffen und Munition abhanden kommen oder Rechtsextremen in die Hände fallen, ist im Prinzip keine Neuigkeit. Doch dass der Militärische Abschirmdienst (MAD) nun öffentlich nach den schweren Waffen sucht, dürfte auf den ersten Blick verwundern. In Stuttgart und anderen deutschen Großstädten hängen seit Montag auffällige rote Plakate, die vor angeblichen Sprengstoff- und Munitionsdepots in der Umgebung warnen – so auch am Stuttgarter Schlossplatz. Echt sind sie jedoch nicht.

60 Kilogramm Sprengstoff und 70 000 Schuss Munition

Hinter der Plakaten stecken Künstlerinnen und Künstler des ZPS, Zentrum für Politische Schönheit, die für ihre Aktion in die Rolle der nach entwendeten Kampfmitteln suchenden Bundeswehr schlüpft. Auf Twitter schreibt die Gruppe: „Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hat bei der Aufklärung versagt. Deshalb haben wir den Laden übernommen!“ Eine Auflistung der bekannten verschwundenen Kampfmittel findet sich auf der Homepage des Kollektivs und auf der eigens eingerichteten Seite unsere-waffen.de. Unter Verweis auf Angaben der Bundeswehr sollen 60 Kilogramm Sprengstoff und 70.000 Schuss Munition abhanden gekommen sein.

Rechtsextreme Netzwerke in der Bundeswehr

„Wo sind unsere Waffen?“ ist die fünfzehnte Aktion des ZPS. Vor dem Berliner Kanzleramt hat die Künstlergruppe auch eine Rückgabestation aufgebaut, in der die Kampfmittel anonym abgegeben werden können. Auch von einem „Kopfgeld“ ist die Rede: In einer Pressemitteilung des ZPS heißt es, dass verwertbare Hinweise auf den Verbleib des Kriegsgeräts aus der Truppe mit jeweils 1000 Euro belohnt würden. Die Künstler erklärten, dass rechtsextreme Netzwerke in der Bundeswehr seit Jahren ungestraft schwere Waffen und Munition, darunter auch Sturmgewehre und Maschinenpistolen, entwendeten, um sich für einen Bürgerkrieg auszustatten.

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Erst im Mai dieses Jahres sorgte ein Fall des Kommando Spezialkräfte (KSK) für Aufsehen, der auch das Verteidigungsministerium in Erklärungsnot brachte: Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer berichtete, dass der Verbleib von 62 Kilo Sprengstoff und 85.000 Schuss Munition des KSK ungeklärt ist. Besonders beunruhigend: Nach einer Serie von rechtsextremistischen Vorfällen beim KSK hatte die sächsische Polizei im Mai auf dem Grundstück eines KSK-Soldaten ein Waffenlager ausgehoben, bei dem auch eine Zündschnur gefunden wurde. Laut Bericht des Bundesverteidigungsministeriums ist die Quote der rechtsextremen Verdachtsfälle beim KSK fünf Mal so hoch wie beim Rest der Bundeswehr. Im Juli hieß es aus dem Verteidigungsministerium, dass die Elitesoldaten in Calw bis zum 31. Oktober Zeit bekommen, um sich zu bewähren. Gelingt es nicht, droht die Auflösung.