Probenszene aus „Der Preispokal“. Foto: Patrick Pfeiffer Quelle: Unbekannt

Von Thomas Krazeisen

Esslingen - Dass heute Abend im Esslinger Schauspielhaus ein Stück des irischen Dramatikers Sean O‘Casey Premiere hat, ist in erster Linie Peter Kastner zu verdanken. Der 2013 verstorbene ehemalige Kulturreferent der Stadt Esslingen hatte die Tragikomödie auf dem Zettel, als die Planung des Kulturprogramms anlässlich des 100. Jahrestags des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs anstand. Nun kommt das eher selten aufgeführte Schauspiel, das O‘Casey 1928 unter dem originalen Titel „The Silver Tassie“ verfasst hat, in einer Inszenierung von Christof Küster an der Esslinger Landesbühne (WLB) zur Aufführung - für den Regisseur ist es nach seiner Dramatisierung von Heinrich Manns Roman „Der Untertan“ zum Auftakt der vergangenen Spielzeit die zweite Regiearbeit an der WLB. Für das Bühnenbild zeichnet Frank Chamier verantwortlich, der schon bei den WLB-Produktionen „Weihnachten an der Front“ sowie „Tadellöser & Wolff“ die Ausstattung übernommen hatte.

Gespielt wird der 1929 uraufgeführte Vierakter in der deutschen Fassung von Tankred Dorst. Regisseur Peter Zadek hat diese Version als erster auf die Bühne gebracht - in Wuppertal und auch am Stuttgarter Staatsschauspiel, das mit der Inszenierung 1971 zum Berliner Theatertreffen eingeladen war. Im selben Jahr lief auch Zadeks bunt-poppige Filmversion des „Potts“ im Fernsehen.

In dem Stück geht es um eine irische Fußballelf, die eben noch nach erfolgreichem Match einen funkelnden Pokal mit nach Hause tragen kann, um sich wenig später schon auf den Kriegsschlachtfeldern in Flandern wiederzufinden. Auf dem blutigen Feld der nationalen Ehre ist für sie nichts zu holen außer Desillusionierungen und schweren Verletzungen. Als das Team der Avondales in die irische Heimat mit einigen Krüppeln in den Reihen zurückkehrt, sind nicht nur die sportlichen Aussichten niederschmetternd. Auch bei den Frauen, die sich nach gesunden Kerlen umschauen, können die versehrten jungen Männer nicht mehr wirklich punkten.

O‘Casey gehört zu bedeutendsten Dramatikern des 20. Jahrhunderts von der Grünen Insel. Die Biographie des einer protestantischen Familie entstammenden Autors ist so schillernd wie die Aufführungsgeschichte des Stücks. Nachdem O‘Caseys sozialkritische Werke bis dahin allesamt am berühmten Abbey Theatre aufgeführt worden waren, sollte auch das Antikriegsstück „The Silver Tassie“ auf der berühmten Dubliner Bühne gespielt werden. Doch der irische Freiheitskämpfer O‘Casey konnte sein Stück wegen Differenzen mit der Hausleitung nicht in diesem Nationaltheater zur Uraufführung bringen - diese fand 1929 in London statt, und auch der Autor kehrte seiner katholischen Heimat den Rücken und lebte fortan in England.

In seiner WLB-Inszenierung hat Christof Küster dem Stück zwei Figuren hinzugefügt - das trostlose Finale eines Krüppels wird aus einer veränderten gesellschaftlichen Perspektive weitererzählt.

Die Premiere beginnt heute Abend um 19.30 Uhr im Esslinger Schauspielhaus. Die nächsten Vorstellungen folgen am 26. Februar sowie am 12. und 19. März.