Xabi Alonosos Zwischenbilanz – drei Siege, drei Unentschieden, drei Niederlagen – fällt mittelmäßig aus. Foto: imago//Malte Ossowski

Bei Bayer Leverkusen sollte mit Xabi Alonso alles besser werden. Doch dem Vorjahresdritten der Bundesliga fehlt es weiter an Konstanz. Woran liegt das?

Die Gene aus seiner aktiven Fußballerzeit schlummern noch immer in Xabi Alonso, für den gebürtigen Basken steht das außer Frage. Er sei früher Mittelfeldspieler gewesen, entsprechend poche er auch als Trainer auf eine „gute Kontrolle“ auf dem Rasen, betont Alonso. Das klappte bei den bisherigen Auftritten mit dem ihm anvertrauten Leverkusenern mal besser, mal schlechter – und beim Rheinderby in Köln in der ersten Hälfte besonders miserabel. Für Alonso war damit der Moment gekommen, seine Selbstkontrolle beiseitezuschieben – und Bayers Kicker mal ordentlich anzufauchen.

Alonso mit „spanischem Blut und Leidenschaft“

„Xabi hat versucht, etwas Feuer reinzubringen, das hat er geschafft“, berichtete Kapitän Lukas Hradecky von der impulsiven Halbzeitansprache des 40-Jährigen am Mittwoch. Gegen die zuletzt arg entkräfteten Domstädter bot Leverkusen in den ersten 45 Minuten eine lasche Vorstellung, lag verdient 0:1 zurück – und bog die Partie noch in einen 2:1-Erfolg um. Auch dank Keeper Hradecky, der gleich nach Wiederbeginn zweimal stark gegen Jonas Hector und Sargis Adamyan parierte – und nach Spielschluss das Pausengewitter von Señor Alonso weiter ausführte: „Da war ein bisschen spanisches Blut und Leidenschaft drin. Er wurde schon lauter.“

Seine Stimmgewalt kombinierte Alonso nach einer Stunde dann noch mit einem hilfreichen Dreifachwechsel: In die Partie kam unter anderem Nadiem Amiri, der bereits sechs Minuten nach Arbeitsbeginn zum Ausgleich traf. Weitere sechs Minuten später führten die Gäste dann tatsächlich einmal ihr rasend schnelles Umschaltspiel auf: Der flinke Franzose Moussa Diaby vollendete die Aktion, und Robert Andrich fasste den Abend zusammen: „Wir sind noch lange nicht am Ende der Entwicklung. Aber so einen schönen, dreckigen Derbysieg nehmen wir gerne mit.“

Intensive Trainingsarbeit war wegen der vielen Spiele kaum möglich

Xabi Alonso wird dem rauen Mittelfeldarbeiter der Leverkusener in beiden Punkten sofort zustimmen – und sich nun noch mehr auf die ausgedehnte Winterpause freuen. Im Heimspiel gegen Stuttgart, aktuell einen Punkt hinter Bayer zurück, lockt nach der holprigen Fahrt der Rheinländer durch den gesamten Spätsommer und Herbst am Samstag immerhin der dritte Sieg in Folge. Und anschließend beginnt Alonsos Engagement an der Dhünn dann sozusagen ein zweites Mal.

Leverkusen ist für den Weltmeister von 2010 die erste Trainerstelle bei einem Erstligaclub. Seine Zwischenbilanz – drei Siege, drei Unentschieden, drei Niederlagen – fällt mittelmäßig aus, der eine Monat als Fußballlehrer unter dem Bayer-Kreuz kam ihm zwischen derben Niederlagen wie in Frankfurt (1:5) und dem überraschend dicken 5:0 gegen den damit gestürzten Spitzenreiter Union Berlin am vergangenen Sonntag „wie eine Achterbahn“ vor. Intensive Trainingsarbeit war wegen der vielen Spiele kaum möglich, im Dezember sieht das dann deutlich anders aus.

Wenn es mal so gar nicht klappt, gibt’s eine Standpauke

„Für uns wird sich das fast wie die Vorbereitung auf eine Saison anfühlen“, ahnt Alonso – und kündigt voller Zuversicht an: „Ich denke, dass die Winterpause sehr gut für uns sein wird.“ Defensiv stabilisiert hat Alonso, den Bayer-Boss Fernando Carro als „sehr fokussierten Forderer und Förderer“ bezeichnet, den tief gefallenen Vorjahresdritten schon mal. Wenn die Bundesliga in der zweiten Januarhälfte ihren Spielbetrieb wiederaufnimmt, will der Coach eine Mannschaft präsentieren, die in jeder Partie „kämpft, aber auch gut spielt“. Oder anders ausgedrückt: „Unser Ziel ist eine gute Balance zwischen Kontrolle und Angriff.“

Und sollte das mal wieder so gar nicht klappen, gibt es zwischendurch eben eine Standpauke wie am Mittwochabend in Köln. Das wäre dann sicher auch im Sinne von Simon Rolfes. Bayers Sport-Geschäftsführer hat das Experiment mit Xabi Alonso maßgeblich angeschoben – und prophezeite mit Verweis auf dessen „enorme Power“ schon vor einigen Wochen: „Er ist der Mann, der bei uns das Feuer zurückbringt.“