Herbert von Karajan (links) und Teodor Currentzis: zwei Dirigenten aus verschiedenen Epochen der Musikgeschichte – doch vereint in ihrem Willen zur Macht. Foto: dpa/Barbara Gindl,  imago/Sven Simon     Montage: Kaszlikowski

Ist die Klassik unpolitisch? Dirigenten aller Epochen zogen sich auf diesen Mythos zurück. Doch ihre Erzählung ist eine Farce – das zeigen nicht zuletzt die Probleme des SWR Symphonieorchesters mit seinen Chefdirigenten.

Einer der zahlreichen selbst inszenierten Konzertfilme Herbert von Karajans zeigt ihn 1971 mit den Berliner Philharmonikern beim Interpretieren von Beethovens siebter Sinfonie. Die Musiker (ausschließlich Männer) sind auf drei tortenstückartig angeordneten, ansteigenden Dunkelholz-Podesten platziert, sortiert nach Gruppen: links die Violinen, in der Mitte die Bläser, rechts die tiefen Streicher. Der Raum ist ansonsten leer, in sterilem Grau gehalten, das sich gelegentlich sonnenaufgangsartig aufhellt und einfärbt. Vor dem Orchester steht Karajan: mit geschlossenen Augen, wilder Gestik, ohne Partitur dirigierend, die Miene oft schmerzlich verzogen.