Trudel Wulle ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Foto: factum//Andreas Weise

Herz, Humor und Bescheidenheit zeichneten sie aus: Mit 96 Jahren ist Trude Wulle gestorben. Das Schwabenland trauert um eine große Volksschauspielerin. Am Mittwoch ist sie im kleinen Kreis in Wildberg beigesetzt worden.

Stuttgart - Ihr Humor war knitz, die hohe Stimme ihr Markenzeichen: Trudel Wulle wird mit ihrem Mann Walter Schultheiß von Schwaben wie Helden verehrt – bestimmt auch über ihren Tod hinaus. Dank zahlreicher TV-Serien und Bühnenauftritten war die liebenswerte Volksschauspielerin über Jahrzehnte den Menschen im Land so sehr vertraut, als gehöre sie zur eigenen Familie.

Mit Witz, Bescheidenheit und einem großen Herzen hat die gebürtige Heilbronnerin das Auf und Ab des Lebens gemeistert. Ihre Devise lautete: „Man muss annehmen, was kommt, und das Beste daraus machen.“

Eine ganz besondere Gastfreundschaft im Hause Schultheiß

Ihr Tod macht viele Schwaben traurig, auch die, die niemals das Vergnügen hatten, Trudel Wulle und ihre Schwertgosch persönlich erleben zu dürfen, mit ihr gemeinsam zu lachen und über Menschen zu lästern, die Schwaben nur falsch verstehen. Für die schönen und lustigen Treffen mit Kollegen und Freunden machte sie die wohl beste Torte des Schwarzwalds. Wer in den Genuss der ganz besonderen Gastfreundschaft im Hause Schultheiß in Wildberg kam, spürte die innige und einzigartige Verbundenheit, die das Schauspielerpaar ausgezeichnet und für Jüngere zum Vorbild gemacht hat. Die Hausherrin sprach mehr als der Hausherr. Keinen Kaffee servierte sie, sondern fragte: „Wer will no a Mokkale?“ Ihre Geschichten, die sie aus ihrem reichen Künstlerleben sprudelnd erzählte, waren bühnenreif.

Trudel Wulle starb im Krankenhaus in den Armen ihres Sohnes

71 Jahre und sechs Monate – so lange währte die Ehe von Trudel und Walter. Die beiden sind im Schwabenland bekannter als Äffle & Pferdle. Man ahnt, wie es dem 97-Jährigen nun geht, da ein Teil von ihm entrissen wurde. Um seinen Vater zu schützen, hat Götz Schultheiß alles dafür getan, die Todesnachricht bis zur Beerdigung geheimzuhalten. Beim schweren Gang zum Grab des Friedhofs Wildberg scheint am Mittwochvormittag die Sonne, als freue sich der Himmel auf den Neuzugang einer trotz allem immer heiteren Erdenbürgerin. „Gertrud Schultheiß“ steht auf dem Kreuz. Das Motto der bewegenden Trauerfeier lautet: „Die Liebe währet ewiglich.“ Allein schon die Mutter-Sohn-Liebe ist herausragend.

Ohne ihren Götz, sagte sie oft, wäre sie nicht so alt geworden. Der Sohn bekam ein Bett im selben Krankenhauszimmer, um ihr in den letzten Stunden nah zu sein. Nach einem Sturz war sie in die Klinik gekommen. In der Nacht zum 15. November spürte Götz Schultheiß, dass es zu Ende geht. Gegen 3 Uhr stand er auf, setzte sich zur Mutter aufs Bett, nahm sie in die Arme, in denen sie friedlich eingeschlafen ist. Wer sich dies vorstellt, ist den Tränen nahe.

Auf dem letzten Weg sollte der Rummel vermieden werden

Die wenigen, die vom Tod erfuhren, hielten dicht. Ein Rummel womöglich mit Boulevard-Fotografen sollte auf dem letzten Weg vermieden werden. Fans und Kollegen, die jetzt erst in der Zeitung die traurigen Nachricht erfahren, werden ihr Mitgefühl aus der Ferne entsenden und Verständnis haben, dass die Familie mit etwa 30 Vertrauten bei der Beerdigung allein sein wollte.

Viele schöne Erinnerungen bleiben. Noch mit 92 Jahren spielte Trudel Wulle im Kinofilm „Laible und Frisch“ eine Agentin. In den 1980ern erzielte sie mit „Eugen“ oder „Köberle kommt“ im Südwesten bessere Quoten als „Dallas“. Beim „König von Bärenbach“ war sie Fußpflegerin, als Marktfrau kommentierte sie Politik live, verscheuchte in „Berlin, Berlin“ die spuckende Lolle und trat mit ihrem Mann mit Sketchen auf.

1950 heiratete sie „den gütigsten Dickschädel, den es gibt“

Unvergessen ist ihr erstes Vorsprechen am Staatstheater Stuttgart. Wegen ihrer Allergien gegen Primeln hatte sie einen Ausschlag im Gesicht. Am Ende meinte der Prüfer, sie habe „das Gesicht mit Charme ausgeglichen“. Auch vom ersten Treffen 1947 mit ihrem Mann am Volkstheater in Stuttgart erzählte sie gern. „Wollt ihr dicke, fette Pfannkuchen?“, fragte Schultheiß die nach dem Krieg abgemagerten Kollegen. 1950 heiratete sie „den gütigsten Dickschädel, den es gibt“. Als ihr Götz vor 66 Jahren zur Welt kam, trat Trudel Wulle mit Hingabe in die zweite Reihe. Vor drei Jahren hat er sie zur späten Großmutter gemacht und ihr eine weitere Lieblingsrolle ihres Lebens beschert.

Danke, liebe Trudel Wulle! Wir Schwaben sind sehr stolz auf unser großes Vorbild!