Wasen ist nicht gleich Wiesn – und umgekehrt. Soviel ist klar. Doch warum heißen die beiden Volksfeste eigentlich so? Wir klären auf, wie es zu den Namen kam.
Wenn bald die ersten Bekannten verkünden: „Ich gehe auf den Wasen“, wissen Stuttgarter sofort, dass vom Cannstatter Volksfest die Rede ist. Der Begriff hat sich längst als Synonym für das Traditionsfest etabliert, auch wenn er genau genommen, in die Irre führen kann. Warum aber bezeichnen wir das Fest so selbstverständlich als „den Wasen“, während die Bayern ihr Fest „die Wiesn“ nennen?
Der Wasen: Vom Vulkanausbruch zum Volksfest
Der Name „Wasen“ leitet sich vom mittelhochdeutschen Wort „wase“ und dem althochdeutschen „waso“ ab. Beides bedeutet so viel wie Rasen, feuchter Boden oder Feuchtwiese. Laut Stadtarchiv Stuttgart sind mit dem Wasen die Wiesen in der Nähe der Siedlung Cannstatt gemeint. „Diese dem Fluss zugewandten Wiesen dienten [...] als Überschwemmungsgebiet für den Neckar, wenn dieser über die Ufer trat.“ Somit hatte der tiefliegende Wasen eine natürliche Schutzfunktion für die Anwohnerinnen und Anwohner der Siedlung.
Die Wiesen wurden ursprünglich landwirtschaftlich genutzt, etwa als Viehweide. Im Jahr 1817 wandelte König Wilhelm I. von Württemberg den Wasen in einen militärischen Exerzierplatz um. Bis zum Ersten Weltkrieg diente er als Übungsfeld für das Militär und als Schauplatz großer Paraden. 1818, ein Jahr später, fand dort das erste Volksfest statt. Der Hintergrund: Ein verheerender Vulkanausbruch in Indonesien hatte 1815 zu Missernten und Hungersnöten in Europa geführt. Aus dieser Not heraus, riefen König Wilhelm I. und seine Frau Katharina ein landwirtschaftliches Erntedankfest ins Leben, das fortan jährlich Ende September gefeiert wurde.
Seitdem ist er ein Ort für große Kundgebungen und Freizeitvergnügen. Heute spricht man vom Wasen, wenn man das 35 Hektar große Festgelände am Neckarufer im Stuttgarter Stadtbezirk Bad Cannstatt meint. Zur Frühlings- und Herbstzeit wird der Begriff „Wasen“ auch synonym für das Stuttgarter Frühlingsfest und das Cannstatter Volksfest verwendet. Statt grasendem Vieh finden sich hier heutzutage während der Festlichkeiten rund vier Millionen feierwillige Menschen ein, bevorzugt in Dirndl und Lederhosen.
Die Wiesn: Das größte Volksfest der Welt
Der Name der „Wiesn“ ist etwas offensichtlicher. Da die Münchner gerne einmal die ein oder andere Silbe im Wort „verschlucken“, wurde aus der Theresienwiese, dem Schauplatz des Festes, kurzum die Wiesn. Die historische Bezeichnung der Wiese geht auf ein Ereignis im Jahr 1810 zurück. Damals heiratete Kronprinz Ludwig, der spätere König Ludwig I., die Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen. Zum Abschluss der mehrtägigen Feierlichkeiten fand am Münchner Stadtrand ein großes Pferderennen statt. Dieses Hochzeitsfest ging später als erstes Oktoberfest in die Geschichte ein -auch ohne Fahrgeschäfte und Maßkrüge- und wurde schlicht nach dem Monat der stattfinden Feier benannt. Zu Ehren der Braut wurde die, bis dato, namenslose Festwiese vor der Sendlinger Anhöhe „Theresens-Wiese“ getauft.
Bereits einige Jahre später bürgerte sich der Name Theresienwiese ein, der leichter von der Lippe geht. Im Münchner Dialekt auch gerne „Theresienwiesn“ genannt. Bis heute ist die 42 Hektar große Rasenfläche Veranstaltungsort des weltweit größten Volksfestes. Und weil Oktoberfest doch etwas sperrig klingt, besonders nach dem ein oder anderen Maß Bier, feiern hier jährlich etwa sechs Millionen Menschen einfach „auf d’Wiesn“.
Die kleinen feinen Unterschiede
Beide Feste verdanken ihren Namen also ihrem Veranstaltungsort. Während in Bayern das zweite „e“ in Wiesn einfach verschluckt wird, bestehen die Schwaben auf ihr „e“ im Wasen. Vorsicht auch bei der Artikelwahl: Während es in München die Wiesn heißt, fliegt man in Stuttgart schnell als „Neigeschmeckter“ auf, wenn man nach dem passenden Outfit für „die“ Wasen fragt. Und noch ein wichtiger Unterschied: Der Wasen ist im Gegensatz zur Wiesn auch kein Oktoberfest, sondern traditionell ein Volksfest.