Eine Müllsammlerin findet ein Vogelnest, gebaut auch mit Zigarettenfolienverpackung. Das dichtet das Nest ab, macht es aber zur tödlichen Falle für die Brut. Und der Raucher, der zufällig vorbeikommt, findet alles nur cool. Ein belauschter Dialog des Wahnsinns.
Coolness kann ein arger Ballast und ein echtes Hindernis auf dem Weg zu neuem Wissen sein. Das ist keine steile These, sondern eine durch Empirie und aufmerksames Zuhören erworbene Erkenntnis. Danach hört sich das jedenfalls an, was wir diesmal belauscht haben. Ereignet hat sich das Geschehen in einer Stadt in der Region. Und sehr wahrscheinlich ist es nur eines von vielen Gesprächen, das die Frau zu bestehen hat. Denn sie sammelt Müll in ihrer Stadt – und das schon ziemlich lange. Auch weil sie es ohne rumliegende Zigarettenkippen schöner und gesünder für die Umwelt findet. Mit einer Greifzange, einem Wägelchen und einem riesigen Müllsack ist sie unterwegs.
Wer jüngst ihren Weg kreuzte, konnte einen Dialog der besonderen Art hören. Im Gebüsch hatte sie ein altes Vogelnest entdeckt und wollte es fotografieren. Und da es auf dem Boden lag, legte auch sie sich zum Fotografieren hin. Es nähert sich ein Mann. Er schlendert lässig heran, bleibt stehen und überlegt sichtlich angestrengt, was die Frau denn da aus dem Busch gezogen und auf den Boden gelegt hat. Der Mann baut sich neben ihr auf. Es entspinnt sich ein Dialog. Der Mann fragt, ob das ein Versteck sei. „Cool“, so seine Einordnung.
Die Müllsammlerin fragt zurück: „Was für ein Versteck?“
Er hat nur eine Erklärung: „Na, Drogen.“
Sie: „Nein, ein Vogelnest.“
Er ist jetzt im Coolmodus: „Cool.“
Sie, leicht gereizt: „Nee, nicht cool.“
Er (irritiert): „Warum?“
Sie: „Siehst du das Plastik? “
Er: „Ja, warum?“
Sie: „Hauptsächlich Folie von Kippenschachteln. Das wurde im Nest verbaut.“
Er sieht dies als technische Innovation: „Echt? Cool, haben die damit gebaut. Cool.“
Nest aus Plastik
Sie versucht, ruhig zu bleiben. „Nee, nicht cool. Das war alles um das Nest verbaut, drunter und in den Seitenwänden. Das ist quasi wie eine Badewanne!“
Er: „Wie eine Badewanne. Cool.“
Sie: „Nee, auch nicht cool. Weil das Wasser nicht gut ablaufen kann.“ Er, noch immer cool, aber leider auch begriffsstutzig: „Welches Wasser denn?“
Sie: „Regen.“
Er bleibt trotzdem begeistert: „Lustig, wie ne Badewanne.“
Sie muss sich jetzt sehr zurückhalten: „Unlustig!!! Weil das nicht gut für die Eier ist. Und die kleinen geschlüpften Vögel können ertrinken.“
Er beginnt zu begreifen. „Oh. Echt jetzt?“
Sie: „Ja.“
Er: „Aha“.
Gefahr für Nestlinge
Dem Mann wird’s jetzt offenbar doch ein bisschen ungemütlich. Er zieht an seiner Zigarette und geht weiter. Als er aufgeraucht hat, wirft er die Kippe in einen Busch. Da liegt dann schon das nächste Nest auf dem Boden. Diesmal gebaut aus Gras und Malervlies. Auch es hat keine stützenden Aststücke, die ihm Stabilität verleihen. Schlechte Zeiten für Nestlinge und ihre Vogeleltern.