Quelle: Unbekannt

Wohl dem, der heutzutage noch den Überblick über seinen Geldbeutel hat. Claudia Bitzer hat ihre Einkäufe nicht immer im Griff.

EsslingenW er in diesen Zeiten darüber klagt, dass er keinen dicken Geldbeutel hat, lebt nicht in dieser Welt. Schuld am prallen Portemonnaie ist freilich nicht das Papier, auch nicht die Münzwelt – sondern das Plastik. Da steckt der Personalausweis neben dem Führerschein, die Krankenkarte quetscht sich in einem Fach mit der Eintrittskarte fürs Büro. Payback- und Deutschland-Karten kennen keine Berührungsängste. Und mit drei weiteren Plastikteilen für die Bekleidungsbranche vor Ort kann man jeden Tomatenfleck beim Mittagessen ausmerzen. Vorausgesetzt, man hat auch seine EC- und Visa-Card dabei.

Doch wer will, dass die Kundenkarten den Geldbeutel nicht nur optisch füllen, ist schwer im Stress. Wie bekommt man es nur hin, seinen Großeinkauf auf den Donnerstag zu takten, weil man lediglich an jenem Tag den zehnfachen Punktewert des Rabattsystems abkassieren kann? Oder fährt man genauso günstig, wenn man am Samstag zur Konkurrenz geht, von der man noch einen Fünffach-Gutschein für die eingesammelten Punkte hat und noch einmal einen Zuschlag von 50 Punkten einlösen könnte? Und sollte man tatsächlich das nächste Mal die Kaffeekapseln kaufen, die weder ökologisch korrekt sind noch schmecken – aber für die man einen Bon über 1,50 Euro Nachlass bekommen hat?

Überhaupt: Sollte man sich nicht eigentlich die Zeit nehmen, seinen Speiseplan nach den Dreifachpunkten für Obst und Gemüse oder an der Fleischtheke zusammenzustellen? Unsere Großmütter haben ihren Einkaufszettel schließlich auch nach den Sonderangeboten in der Zeitung und im Briefkasten gerichtet – und dafür selbst lange Fußwege in Kauf genommen. Und das, ohne dabei digitale Fußspuren zu hinterlassen. Mittlerweile ist das Shoppen für Schnäppchenjäger – egal ob aus Leidenschaft, Geiz oder der Not heraus – allerdings zur Wissenschaft geworden. Und die Zeit, die einem zwischen Familie und Job dafür bleibt, immer knapper.

Fazit: Fürs Durchforsten, Auswerten und individuelle Anpassen der Angebote per Mail, Wurfsendungen, Anzeigen, Prospekte und Apps sollte man sich am besten einen persönlichen Einkaufsmanager einstellen. Vermutlich gibt es den auch schon digital. Der größte aller Brüder wüsste dann aber auch wirklich alles, alles über uns. Die nächste Karte, bitte! Oder bitte doch lieber nicht.