Im Treffpunkt Rotebühlplatz gibt es auch wieder Präsenzangebote. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Stuttgarter VHS startet auch in Pandemiezeiten wieder durch. Digital, hybrid, Präsenz – alles geht. Für die mehr als 3400 Veranstaltungen haben sich bereits mehr als 6300 Teilnehmer gemeldet. Ein landesweites Portal soll innovative Kursformate bündeln.

Stuttgart - Auch in Coronazeiten ist die Nachfrage nach Bildungsangeboten der Volkshochschule Stuttgart groß. „Wir starten am Montag mit 3400 Veranstaltungen ins Wintersemester – fast so vielen wie früher“, berichtet Barbara Brodt-Geiger, die Leiterin des Geschäftsbereichs Programmentwicklung und Digitales Lernen. „Wir machen unser Programm so flexibel, dass wir von heute auf morgen auf Online-Betrieb umstellen können“, ergänzt VHS-Chefin Dagmar Mikasch-Köthner.

Man habe die Zeit der Coronakrise genutzt, um auf modernste Technik aufzurüsten: Smart-TV, Notebooks, Kameras, Mikrofone und flächendeckendes WLAN. Knapp 300 000 Euro habe die VHS aus eigenen Mitteln dafür investiert, weitere 150 000 Euro erwarte man aus dem Digitalpakt. Mikasch-Köthner betont aber: „Natürlich sind und bleiben wir eine Präsenzeinrichtung – wir sind das kommunale Wohnzimmer.“

Schon jetzt gibt es mehr als 6300 Anmeldungen fürs Wintersemester

Anders als in Vor-Corona-Zeiten steuere man beim Angebot auch während des Semesters nach, orientiere sich am Bedarf. „Wir planen fortlaufend“, sagt Brodt-Geiger. Statt einem dicken Programmbuch gibt es nur noch ein Heft mit Ausschnitten aus dem Programm. „Unser Hauptmedium ist die Website“, ergänzt sie. Einen Überblick darüber, ob die Angebote in Präsenz oder online oder sowohl als auch stattfinden können, verschafft ein kleines Ampelsymbol über jedem Kurs. Trotz Corona habe man im Sommersemester 60 Prozent der Kurse halten können, allerdings mit weniger Teilnehmern, da die Präsenzveranstaltungen wegen des Abstandsgebots nur in kleineren Gruppen möglich gewesen seien. „Wir sind noch längst nicht bei den Umsatzerlösen des Jahres 2019“, so Mikasch-Köthner. Dass jetzt mehr als 6300 Anmeldungen fürs Wintersemester eingegangen seien, „hat uns positiv überrascht“.

Auch inhaltlich gibt es neue Schwerpunkte. So habe man das Inklusionsangebot wegen der steigenden Teilnehmerzahlen deutlich ausgeweitet und die Angebote in einem eigenen kleinen Programmheft zusammengestellt. Sie reichen vom Schachspielenlernen über gemeinsames Köcheln in der Suppenküche bis zu Kunstworkshops. Didaktisch gehe es um entschleunigtes Lernen und natürlich um das Gemeinschaftserlebnis. Beides locke Menschen mit, aber auch ohne Behinderung, so Brodt-Geiger.

Das Thema Heimat wird auch in Musik, Politik und Philosophie erkundet

Programmschwerpunkt im Wintersemester ist das Thema Heimat. So machen sich die Teilnehmer des Studium generale auf die Suche nach Antworten in der Geschichte, Musik, Kunst, Politik, Biologie und Philosophie. Zudem wird der Heimatbegriff auch in einer Fotoausstellung und in Filmen beleuchtet – und, ganz aktuell, am 22. September in einer Veranstaltung zur Bundestagswahl. Dabei stellen sich Kandidaten aus Stuttgarter Wahlkreisen von CDU, SPD, FDP, AfD, Die Linke und Grünen den Fragen der Bürger, die auch per Livestream dabei sein können. Auch eine Lesung mit Gespräch zum Thema Rassismus am 15. Dezember und die Gala der Preisträger des 25. Internationalen Solo-Tanz-Theater-Festivals am 12. und 13. November setzen sich mit dem Thema auseinander. Als neues Hybridformat präsentiert sich am 28. Oktober der Late-Night-Talk zum Thema Humor beim „Cannstatter Canapé – Darf m’r da noch lacha?“. Denn, so Mikasch-Köthner: „Wir wollen auch in den Stadtbezirken präsent sein.“

Ein stetiger Wachstumsbereich sei auch das Thema Gesundheit – von Männer-Yoga bis zur Familien-Zumba-Party. „Dieser Bereich hat bei uns am schnellsten auf online umgestellt“, berichtet Brodt-Geiger. Und gleichzeitig habe man dadurch neue Zielgruppen, aber auch neue Dozentinnen gewonnen. Gefragt in Coronazeiten sei auch das neue Angebot kreative Resteküche – „Kochen läuft immer gut“. Zu den Angebotsklassikern der VHS gehören die Sprachen. „Sie sind die Gewinner in der Coronakrise“, sagt Brodt-Geiger. Der Fremdsprachenbereich habe sogar zugelegt. Dort starte man mit 690 Kursen, davon 60 Prozent online. Das habe den Vorteil, dass man auch Dozenten aus dem Ausland zuschalten könne – und auch Teilnehmer. Ebenfalls gefragt seien berufliche Weiterbildungsangebote, auch für das Arbeiten im Homeoffice oder das Leiten einer Web-Konferenz.

VHS entwickelt mit Partnern ein landesweites Digitalportal

Aber auch die VHS selbst wird zum digitalen Pionier. Als Teil eines Pilotverbunds mit sechs VHS-Partnern wolle man ein Portal mit innovativen Kursformaten aufbauen, die landesweit genutzt werden können. Gefördert werde es vom Land. Das Ziel: Man wolle gemeinsam zentrale Angebote zu landesweit relevanten Themen entwickeln, die die einzelnen Volkshochschulen ergänzen und digital erweitern können.