Drei von vier Strafstößen führen zum Erfolg – hier verwandelt VfB-Torjäger Silas Wamangituka. Foto: dpa/Marijan Murat

„Expected Goals“ und „Expected Points“ sind seit dieser Saison fester Bestandteil vieler Fußball-Übertragungen. Doch was sagen die Statistiken genau aus? Wie lassen sie sich berechnen? Und wie schneidet der VfB Stuttgart ab?

Stuttgart - Immer wieder werden Fans bei Fußball-Übertragungen mit neuen Statistiken und Berechnungen zum Spiel konfrontiert. In den vergangenen Jahren waren bereits die „Packing-Rate“ oder die „Realtaktischen Formationen“ in aller Munde. Zuletzt sind insbesondere die „Expected Goals“ – häufig abgekürzt als „xG“ – und die „Expected Points“ („xP“) in den Fokus gerückt.

Die „Treffer-Wahrscheinlichkeit“ als Grundlage

Die relativ neue „Expected“-Statistik kommt meist dann zum Einsatz, wenn entweder eine Mannschaft einen Treffer erzielt hat oder die Teams das Spielfeld zur Halbzeitpause und nach dem Schlusspfiff verlassen. Bei Torerfolgen zeigt sie sich in der sogenannten „Treffer-Wahrscheinlichkeit“ – einer kleinen Einblendung unterhalb des Spielstandes, die die Wahrscheinlichkeit des vorangegangenen Torerfolges in Prozent angibt.

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Die Berechnung der Prozentzahl ergibt sich aus der statistischen Erfassung und Auswertung tausender Abschluss-Situationen aus den vergangenen Jahren. Jede Abschluss-Situation wird nach erzieltem Tor mit ähnlichen Situationen aus der Vergangenheit abgeglichen. Unter Berücksichtigung vergleichbarer Bedingungen unter anderem im Hinblick auf die Schussposition, die Bedrängnis durch Gegenspieler oder den Winkel zum Tor wird berechnet, wie oft eine derartige Abschluss-Situation in der Vergangenheit zum Torerfolg geführt hat. Die „Tor-Wahrscheinlichkeit“ ist also die Erfolgs-Quote ähnlicher Abschluss-Situationen.

„Expected Goals“ basieren auf einzelnen „Treffer-Warscheinlichkeiten“

Nach Ablauf der beiden Halbzeiten wird bei vielen Fußball-Übertragungen zudem die Toranzahl eingeblendet, die bei den jeweiligen Teams zu „erwarten“ gewesen wäre – die sogenannten „Expected Goals“. Hier wird für die beiden Teams eine jeweilige Toranzahl genannt, die sich aus den einzelnen Werten der Tor-Wahrscheinlichkeiten ergibt. Werden diese bei Torerfolgen als Prozentzahlen eingeblendet, so bleiben dem Zuschauer die Erfolgswahrscheinlichkeiten der Abschluss-Situationen, die nicht den Weg ins Tor gefunden haben, in der Regel verborgen. Dennoch werden auch diese Zahlen erfasst. Sie werden als Dezimalzahlen addiert und ergeben in der Summe die jeweilige Zahl, die als „Expected Goals“ ausgegeben wird.

Ein Elfmeter hat einen „xG“-Wert zwischen 0,76 und 0,78

Als anschauliches Erklär-Beispiel wird meist der Elfmeter angeführt, bei dem die Erfolgs-Wahrscheinlichkeit aufgrund des unbedrängten und zentralen Abschlusses relativ hoch ist. Da ein Elfmeter in über drei Vierteln der Fälle den Weg ins Tor findet, ist hier je nach Anbieter ein Wert zwischen 0,76 und 0,78 angesetzt. Dies entspricht der „Treffer-Wahrscheinlichkeit“ von 76 bis 78 Prozent. Erhält eine Mannschaft zwei Elfmeter in einem Spiel, so erreicht sie in der Statistik der erwarteten Tore mindestens einen Wert von über 1,5. Hinzu kommen die Dezimal-Werte der weiteren Abschlusssituationen. Resultat dessen sind die Einblendungen nach Ablauf der Halbzeiten.

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Die „Erwartete Tabelle“ führt den VfB Stuttgart auf Rang 5

Auch eine „Erwartete Tabelle“ lässt sich auf diesem Weg berechnen. Über die „Expected Goals“ der gegnerischen Teams – die sogenannten „xGa“ für „Expected Goals Against“ – lassen sich für jeden Spieltag die zu erwartenden Ergebnisse aller absolvierten Duelle oder eine Tabelle rekonstruieren. Diese ähnelt der tatsächlichen Tabelle zwar in Teilen, doch auch einige Abweichungen sind auffällig.

So belegte der FC Schalke 04 zwar auch in der „Erwarteten Tabelle“ nach dem 23. Spieltag den letzten Tabellenplatz, beim VfB Stuttgart sind jedoch drei Punkte mehr als in der Realität auf dem Konto. Überraschend ist das Bild auch an der Tabellenspitze. Hier führte nicht etwa der FC Bayern München die Tabelle an, sondern RB Leipzig vor Borussia Dortmund. Die Münchner liegen sechs Punkte hinter Leipzig und vier hinter dem BVB erst auf dem dritten „erwarteten“ Tabellenplatz. Über die Aussagekraft von „Expected Goals“, „Expected Points“ und daraus folgender Tabelle darf somit individuell geurteilt werden.