Die Umgestaltung des Stuttgarter Marktplatzes ist noch nicht lange her. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Bei den ersten Veranstaltungen ist der Belag schon richtig schmutzig geworden. Jetzt eröffnet die CDU die Debatte, ob die Stadt bei der Umgestaltung vor dem Stuttgarter Rathaus einen Fehler machte.

Armer Marktplatz. Kaum hat er mit großem Aufwand einen funkelnagelneuen und für Stuttgarter Verhältnisse ungewohnt hellen Belag bekommen, da zeigen dieser an vielen Stellen auch schon fahle Gräue und hartnäckige Schmutzflecken. Was kaum überraschen kann, denn bei Märkten bleibt halt etwas liegen, und bei anderen Veranstaltungen wird das Pflaster noch mehr mit Füßen getreten, mit Fahrzeugen befahren, mit Essensresten verunziert.

Mitte Juli, das stimmungsvolle Sommerfestival der Kulturen war gerade vorbei, sah das besonders eindrücklich aus: große Flächen dreckig, unzählige Kippen zwischen den kleinen Pflastersteinen. Publikumsfrequenz jedoch ist gerade vor dem Rathaus erwünscht.

CDU warnt vor Kosten für die Nutzer

Das sieht auch die CDU so. Sie freut sich über neues Leben auf dem Marktplatz nach den Entbehrungen der Menschen in der Pandemie. Trotzdem hat ihre Ratsfraktion nun die Debatte eröffnet, ob hier ein Fehler gemacht wurde. Besser gesagt: Sie tat das mit einem Halbsatz in einem neuen Antrag. Darin heißt es, die CDU sehe die Verantwortung für die „starken Verschmutzungen“ nach den ersten Veranstaltungen auf dem erneuerten Platz nicht bei den Nutzern, „sondern eher in der Auswahl des Belags“. Daher könne sich die CDU nicht vorstellen, die Nutzer mit Kosten fürs Reinigen zu belasten, warnt die Fraktion, nachdem das Sommerfestival sowie die Parade zum Christopher Street Day über den Platz hinweggegangen sind und während das Stuttgarter Weindorf – Beginn am 17. August – bevorsteht. Die CDU will herausfinden, ob der „ursprünglich saubere Zustand wiederhergestellt werden kann“.

Die Verwaltung fährt auf Sicht. Mit den ersten Veranstaltungen sammle man noch Erfahrungen, lässt Technik-Bürgermeister Dirk Thürnau (SPD) wissen. Nach dem Weindorf werde es eine Grundreinigung geben. Dann kläre man das weitere Vorgehen.

Viele Kippen sind ein Problem

Natürlich wird jetzt auch schon gereinigt. Dabei seien die Kippen und ihre vom Wasser aufgelösten Reste selbst mit Zangen kaum aus den Fugen zu holen, sagt Andrea Schlepper, Sprecherin der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS), die mit der Stadtreinigung betraut ist. „Oftmals muss da per Hand nachgeholfen werden.“ Dabei gebe es an den Abfalleimern doch Aschergefäße. Überdies wirbt die Stadt aufwendig für Sauberkeit in der ganzen Stadt. Und theoretisch könnte das Wegwerfen einer Kippe mit einem Bußgeld in Höhe von 103,50 Euro geahndet werden. Gegen den allgemeinen Schmutz gehe die AWS mit Wasser an jedem Werktag nachts so etwa ab 3.45 Uhr vor, sagt die Sprecherin.

Am Tage werde gefegt. Nach dem Sommerfestival habe man wegen der sehr starken Verschmutzung in drei Nächten Maschinen mit heißem Wasserdampf eingesetzt. Solches Gerät hat die Stadt einmal angeschafft, um Kaugummireste zu bekämpfen. Wenn der Winter kommt und Wassereinsatz vermieden werden muss, will die AWS beobachten, was die Witterung mit dem Restschmutz veranstaltet. Wie sich das auf Fette und Öle auswirkt.

Verwaltung und Gemeinderat waren sich sicher

Schon 2020, als die Marktplatz-Erneuerung mit vielerlei Maßnahmen für rund zwölf Millionen Euro vorbereitet wurde, hatte Thürnau auf einen positiven Selbstreinigungseffekt des Granitbelags vom Typ Kaltrum aus dem Bayerischen Wald verwiesen. Die Zuversicht stützte sich auf Reinigungsversuche. Auf eine Musterfläche waren Olivenöl, Rotwein und Cola geleert worden. Beim ersten Reinigungsversuch seien beim Kaltrum noch Schmutzschatten erkennbar gewesen, berichtete die Verwaltung, zwei Monate später nichts mehr. Die Witterung habe nachgeholfen. Das Jahr über würden wohl drei Grundreinigungen des Marktplatzes ausreichen, jeweils drei bis vier Nächte von 22 bis 5 Uhr, meinte Thürnau.

Die Zuversicht, dass der richtige Belag auf den Platz kam, lebt bei der Verwaltung weiter. Sie wäre auch nicht allein schuld, sollte es sich herausstellen, dass es ein Fehler war. Sie hat den Belag zwar empfohlen, doch auch den meisten Stadträten gefiel er gut. Die CDU hatte zwar 2019 mal Zweifel angemeldet, legte sich später aber nicht quer. Grund: Von diesem bräunlich-hellen Granit gehe vermutlich weniger Blendwirkung aus als von anderen Belagsarten.