Während der Sanierung kann die Vogelsangbrücke in beiden Fahrtrichtungen genutzt werden. Foto: Bulgrin - Bulgrin

In wenigen Tagen beginnt die Sanierung der Vogelsangbrücke und einen Monat später wird die Zollbergstraße gesperrt. Die Folgen will die Stadt mit einem Verkehrskonzept abmildern.

EsslingenZur Mitte dieses Monats beginnt die Sanierung der Vogelsangbrücke und voraussichtlich einen Monat später wird die Zollbergstraße für etwa fünf Monate voll gesperrt, um den Hang zu sichern. Arbeiten, die nach den Worten von Oberbürgermeister Jürgen Zieger keinen Aufschub mehr dulden, weil die Statik der Brücke den täglichen Belastungen nicht mehr gewachsen ist. Auch an der Zollbergsteige gehe es letztlich um eine Frage der Sicherheit. Zusammen mit der halbseitigen Sperrung der Geiselbachstraße werden also weitere deutliche Verkehrsbelastungen auf die Bürgerinnen und Bürger zukommen. Um die Konsequenzen so erträglich wie möglich zu gestalten, hat die Stadtverwaltung gestern einen ganzen Katalog von Einzelvorhaben in den Gemeinderat eingebracht (siehe Anhang zu diesem Beitrag). 17 von ihnen sollen möglichst noch in diesem Jahr umgesetzt werden.

„Wollen die Menschen nicht ärgern“

„Wir machen das nicht, um die Menschen zu ärgern“, sagte der OB gestern vor dem Hintergrund der laufenden und künftigen Großbaustellen. Denn schließlich ist es mit dem aktuellen Programm nicht getan. Es folgen die Erneuerung der Hanns-Martin-Schleyer-Brücke und weitere Brückensanierungen, die Geiselbachstraße wird von März 2020 an für etwa 15 Monate voll gesperrt und vermutlich ebenfalls im nächsten Jahr muss die Ulmer Straße wegen einer neuen Lärmschutzwand halbseitig dicht gemacht werden. Mit einem besseren Verkehrsfluss durch eine optimierte Verkehrssteuerung, einer Anpassung der vorhandenen Infrastruktur an das höhere Verkehrsaufkommen, dem Ausbau des Radwegenetzes, Angeboten für alternative Mobilität und Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr will die Stadt die absehbaren Folgen der Großbaustellen abmildern.

Dass die Vorschläge nicht überall auf Begeisterung stoßen werden, ist dem OB klar. Vor allem dort nicht, wo durch zusätzliche Busspuren eine erkleckliche Zahl von Parkplätzen wegfällt, wo der Individualverkehr durch Busse oder Fahrräder eingeschränkt wird oder Abbiegebeziehungen entfallen, was zu dauerhaften Umwegen führt.

Nun ist das Paket in der politischen Diskussion und Zieger hofft, dass es bereits am 8. April zu einem Gemeinderatsbeschluss über die Vorschläge der Verwaltung kommt. Nur so könnten die Einzelschritte noch in diesem Jahr umgesetzt werden. In das Verfahren eingebunden werden auch die betroffenen Bürgerausschüsse.

Für Esslingens Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht bleibt die „dringend notwendige Sanierung der Brücken und zentraler Verkehrsachsen eine Herausforderung“. Einzelne Bausteine des Verkehrskonzeptes würden dauerhaft umgesetzt, andere nur temporär für die Dauer der Einschränkungen. Der auch für den Nahverkehr zuständige Bürgermeister Ingo Rust setzt innerhalb des Konzeptes ganz gezielt auch „auf einen noch attraktiveren öffentlichen Nahverkehr, auf Taktverbesserungen sowie auf zusätzliche Mobilitätsangebote“.

Bürgerschaft muss mitziehen

Und welche Rolle spielen die Bürgerinnen und Bürger bei all den Überlegungen? „Eine große“, unterstreicht Oberbürgermeister Jürgen Zieger. Die Stadt werbe mit verschiedenen Angeboten und Ideen für alternative Verkehrsmittel und für Fahrgemeinschaften. Zieger: „Wir rufen zudem Bürgerinnen und Bürger dazu auf, wo immer möglich ihren Beitrag für weniger Verkehr zu leisten.“ Mithelfen könnte auch eine flexiblere Arbeitsplatzgestaltung in den Unternehmen.

Die Vollsperrung der Geiselbachstraße im nächsten Jahr wird noch mehr Verkehr auf die Verkehrsachsen Barbarossastraße, Rotenackerstraße, Wielandstraße und Mülberger Straße verlagern. Als Alternative setzt die Verwaltung auf eine geänderte Route der Buslinie 109 vom Haltepunkt Sulzgrieser Steige aus nach Rüdern und über Uhlbach nach Obertürkheim mit direktem Anschluss an die S-Bahn. Damit muss allerdings die Stadt Stuttgart einverstanden sein. „Ich bin optimistisch, dass wir das hinbekommen“, meinte Ingo Rust gestern vor der Presse.

Bus fährt über einen Feldweg

Ein besonderes Detail des Verkehrskonzeptes bildet die Busverbindung vom Schurwald zur Schorndorfer Straße. Weil diese vor allem morgens überlastet ist, sollen die Buslinien 106 und 114 ausschließlich während der morgendlichen Spitzenstunden über den „Hohen Stich“, einen Feldweg, geführt werden. Auf diese Weise kann ein Stau auf der Schorndorfer Straße umfahren werden. Ein längerer Verkehrsversuch soll klären, ob diese Lösung praktikabel ist.

Das Verkehrspaket der Stadtverwaltung im Überblick

Verkehrssteuerung

Optimierung der Lichtsignalanlage am Hirschlandkopf – Linksabbieger entfällt. Basierend auf Verkehrszählungen vom Januar und Februar 2019 führt der Verzicht der Linksabbieger in Richtung Wieland- und Kennenburger Straße zu einer Entlastung des Verkehrsknotens. Alternativen für diese wenig genutzten Fahrbeziehungen wären der Goerdelerweg in Richtung Kennenburg und die Urbanstraße in Richtung Innenstadt.

Optimierung der Lichtsignalanlage auf der Adenauerbrücke – Linksabbieger entfällt. Der Verzicht auf den Linksabbieger auf der Adenauerbrücke in Richtung Sirnau während der Sanierung der Vogelsangbrücke und der Vollsperrung der Zollbergstraße, ermöglicht eine optimierte Ampelsteuerung zur Bewältigung der zusätzlichen 10 000 Fahrzeuge pro Tag.

Optimierung der Lichtsignalanlagen im Umfeld der Vogelsangbrücke. Ein Verbot für Fahrzeuge breiter als 2,3 Meter (ÖPNV ausgenommen) stadteinwärts sichert eine beidseitige Nutzung der Vogelsangbrücke während des gesamten Sanierungszeitraumes. Die Ampelsteuerung wird entsprechend der geänderten Belastungen im gesamten Umfeld optimiert.

Beschleunigung der Buslinien vom Schurwald zur Schorndorfer Straße – Einrichtung der Busschleuse Hoher Stich. Die Schorndorfer Straße ist vor allem morgens zwischen 6.30 Uhr und 8.30 Uhr überlastet. Die Ausweichstrecke für die Buslinien 106 und 114 über den „Hohen Stich“, angeordnet lediglich für die morgendlichen Spitzenstunden, würde dem ÖPNV eine Umfahrung des Staus ermöglichen. Ein Versuch zeigte, dass ein Befahren des Weges mit dem Bus prinzipiell geht. Es soll einen längeren Verkehrsversuch geben.

Einrichtung einer adaptiven Lichtsignalanlagensteuerung auf der Schorndorfer Straße. Eine Optimierung der Signalsteuerung, soll den Verkehrsfluss und den Verkehrsablauf auf der Schorndorfer Straße verstetigen und die Leistungsfähigkeit erhöhen. Eingesetzt werden „selbststeuernde“, auf das jeweilige Verkehrsaufkommen reagierende Ampeln, welche die Grünzeiten besser nutzen und bedarfsgerechter einsetzen.

Aufwertung der Fahrradstraße Hindenburgstraße. Um eine bessere Erkennbarkeit der Fahrradstraße und mehr Sicherheit zu erreichen, sollen die Fahrbahnmarkierungen geändert werden.

Verkehrsinfrastruktur

Einrichtung einer Busspur zwischen dem Kreisverkehr Rotenackerstraße und der unteren Mülberger Straße. Aufgrund der prognostizierten Verkehrszunahme in den Verkehrsachsen Barbarossastraße-Rotenackerstraße-Wielandstraße-Mülberger Straße soll eine Busspur stadteinwärts im Bereich zwischen dem Kreisverkehr Rotenackerstraße und dem Knoten Neckar-Forum die Zuverlässigkeit des ÖPNV als S-Bahnzubringer sichern. Radfahrer können die Busspur mitnutzen.

Busspur auf der Augustinerstraße/ Berliner Straße. Der Knotenpunkt ist in den Spitzenstunden morgens und abends überlastet. Eine Optimierung soll durch eine geänderte Fahrspuranordnungen (separate Busspuren/ frei für Radfahrer) und Radfahrstreifen realisiert werden. So lässt sich die Signalanlage Augustinerbrücke (Geiselbachstraße/ Berliner Straße) wesentlich leistungsfähiger programmieren.

Umgestaltung des Straßenraumes der Zollbergstraße und Einrichtung von Geh- und Radwegen. Im Zuge der Hangsicherung wird die Straße im Bereich der Kehre saniert. Damit einhergehend wird der Straßenraum neu gestaltet. Ein drei Meter breiter Weg „Gehweg/ Radfahrer frei“, in der Kehre ein Radweg (Außenseite) sowie ein separater Gehweg (Innenseite) erhöhen die Sicherheit.

Ausbau Festo-Knoten mit Radverkehrsinfrastruktur. Im Zuge des Straßenausbaus Festo-Knoten und Knoten Nellinger Linde wurde das anliegende Radverkehrsnetz verdichtet. Die Radwege wurden auf das Normmaß von 2,5 Metern verbreitert. Auf der Zollbergstraße wird zukünftig beidseitig der Fahrbahn das Radfahren möglich sein.

Radwegeausbau Hengstenbergareal. Die neue Radwegverbindung verbindet den Stadtteil Mettingen mit der Kernstadt und schließt zwischen Bahnunterführung beim Roßneckar (Fertigstellung Juli 2017) und der Mettinger Straße eine weitere Lücke im innerstädtischen Radwegnetz.

Konkretisierung des Radschnellweges. Der Bau einer Radschnellverbindung zwischen Plochingen und Stuttgart verfolgt das Ziel einer leistungsfähigen Radverbindung im Neckartal. Die abstrakten Planungen des Landkreises werden konkretisiert und priorisiert, mit dem Ziel zeitnah größere zusammenhängende Teile des Radschnellweges zu realisieren.

Radweg Hohenheimer Straße. Die Städte Ostfildern und Esslingen planen und bauen gemeinsam den Radweg entlang der Hohenheimer Straße/Breslauer Straße. Ein einseitiger Zweirichtungsradweg soll die Sicherheit für Radfahrende erhöhen.

Ergänzende Mobilitätsangebote

Taktverdichtung der Linie 113 . Durch die fünfmonatige Vollsperrung der Zollbergstraße und die parallel geplante Sanierung der Vogelsangbrücke ist für die Buslinien 113 und 118 ein Umleitungsverkehr über die Hohenheimer Straße notwendig. Um trotz der längeren Fahrzeiten das bisherige Fahrplanangebot zu halten, soll ein zusätzliches Fahrzeug eingesetzt werden. Mit einer Taktverdichtung der Linie 113 von 15 auf 10 Minuten soll zudem während der Bauzeit ein zusätzliches ÖPNV-Angebot geschaffen werden. Für den Stadtteil Zollberg bedeutet dies eine zusätzliche Fahrgastkapazität von 120 Fahrgästen pro Stunde in der Hauptverkehrszeit.

Kapazitätsausweitung im ÖPNV im Esslinger Norden. Die vorgesehene Vollsperrung der Geiselbachstraße im kommenden Jahr führt zu einer Verlagerung des Verkehrs auf die Verkehrsachsen Barbarossastraße-Rotenackerstraße-Wielandstraße-Mülberger Straße. Eine alternative Linienführung der 109 vom Haltepunkt Sulzgrieser Steige nach Rüdern über Uhlbach nach Obertürkheim sowie eine Kapazitätsausweitung auf den übrigen Linien, die den Esslinger Norden über die Mühlberger Straße erschließen, sind wesentliche Bestandteile eines Konzepts für Mobilitätsalternativen.

Einführung eines Pedelec-Verleihs. Pedelecs haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend zu einer Mobilitätsalternative im Freizeit- und Pendlerverkehr entwickelt. Die Stadtverwaltung möchte darum diese Mobilitätsalternative im Rahmen des Paketes zur Optimierung des Verkehrsflusses während Esslinger Großbaustellen fördern und einen monatlichen Verleih von Pedelecs anbieten. Mit dem angedachten Verleih-Konzept soll ein Anreiz für Berufspendler geschaffen werden, diese Mobilitätsalternative zu testen.

Einführung zusätzlicher Fahrradboxen an den S-Bahnhöfen. Ein wichtiges Element für Berufspendler, die mit dem Rad an die S-Bahnhöfe pendeln, ist die sichere Unterstellmöglichkeit am Ort des Umstiegs. Die Stadt besitzt bereits 24 Fahrradboxen am Standort ZOB/ Bahnhof, die in Kooperation mit dem ADFC vermietet werden. Die Stadtverwaltung prüft, wo es weitere mögliche Standorte für Fahrradboxen an den Esslinger S-Bahnhöfen gibt und wie viele solcher Boxen realisiert werden können.

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