Beate Bube, die Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz, stellt mit Innenminister Thomas Strobl den Verfassungsschutzbericht vor. Foto: dpa/Marijan Murat

Der Innenminister warnt bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes – und kündigt an, wie er die rechte Szene künftig besser im Auge behalten will.

Stuttgart - Der aktuelle Verfassungsschutzbericht im Land zeichnet kein erfreuliches Bild. Die Zahl der Islamisten ist von 2018 bis 2019 um 245 auf insgesamt 4105 gestiegen. Die Anzahl linksextremistischer Straftaten nahm von 334 auf 486 zu. Die Zahl von Rechtsextremisten wuchs von 1700 auf 1900, knapp 800 von ihnen gelten als gewaltbereit.

Einen Tag vor dem Prozessauftakt zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke, dem ersten von Rechtsradikalen begangenen Mord an einem deutschen Politiker nach dem Zweiten Weltkrieg, zog Thomas Strobl (CDU) ein klares Fazit: „Unser Leben in Freiheit ist zunehmenden Belastungen und Gefahren ausgesetzt. Größte Bedrohung ist der Rechtsextremismus,“ sagte der Innenminister am Montag, als er zusammen mit Beate Bube, der Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz die aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2019 präsentierte.

Das Amt wird organisatorisch umgebaut

Das Land versucht gegenzusteuern. 25 neue Stellen hat der Verfassungsschutz schon seit Jahresbeginn erhalten, bis Ende nächsten Jahres kommen noch einmal sechs weitere dazu. Organisatorisch wird ebenfalls umgebaut: Eine eigenständigen Abteilung „Rechtsextremismus und -terrorismus, Reichsbürger und Selbstverwalter“ soll entstehen, um den gewaltbereiten Rechtsterrorismus besser im Auge zu haben. „Auch das Milieu der Reichsbürger und Selbstverwalter, islamfeindliche Bestrebungen wie die Identitäre Bewegung Deutschland sowie die AfD-Teilorganisationen Junge Alternative und Der Flügel bleiben so noch besser im Fokus“, erklärte Strobl. Diese beiden Teilorganisationen sind im wesentlichen dafür verantwortlich, dass die Zahl der beobachteten Rechtsextremen zugenommen hat. Als „sonstiges rechtsextremistisches Personenpotenzial in Parteien“ werden die dort aktiven geführt.

Der verstärkte Blick nach rechts ist auch deswegen geboten, weil sich die dort aktiven Personen weltanschaulich, organisatorisch und im äußeren Erscheinungsbild höchst vielgestaltig präsentieren. Der Rechtsextremismus verfügt nicht über eine einheitliche Ideologie, sondern besteht aus teils sehr unterschiedlichen Strömungen, heißt es in dem Bericht. Allerdings sei Rechtsextremismus in jeder seiner ideologischen Varianten mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik unvereinbar.

Der islamistische Terror bleibt eine Gefahr

Heterogen ist auch der islamistische Extremismus. Im Wesentlichen lassen sich drei Richtungen unterscheiden: politischer Islamismus, missionarischer Islamismus und Dschihadismus. Hinsichtlich ihrer Strategien und Ziele weisen islamistische Strömungen erhebliche Unterschiede auf, heißt es in dem Bericht. „Die größte Gefahr weltweit geht von Einzelattentätern in psychischen Ausnahmesituationen aus, die sich von einer vermeintlichen, selbst kommunizierten IS-Nähe mediale Aufmerksamkeit versprechen“, erklärte Strobl.

Im Bereich des Linksextremismus waren im Südwesten 2019 insgesamt 486 Straftaten zu verzeichnen – 2018 waren es noch 334. Ein erheblicher Teil davon waren typische Delikte in Wahlkampfzeiten wie Beschädigungen oder Zerstörungen von Wahlplakaten zur Europawahl. Die Zahl der linksextremistisch motivierten Gewalttaten verdoppelte sich nahezu auf 112 Delikte gegenüber 60 Delikten im Jahr zuvor. Die Gesamtzahl der Linksextremisten sank von 2950 auf 2750 Personen. Gewaltsame Zusammenstöße zwischen Links- und Rechtsextremisten blieben im vergangenen Jahr weitgehend aus. Dafür gab es gezielte Attacken, vor allem gegen Wahlkandidaten der AfD. Zudem gab es Sachbeschädigungen und Farbschmierereien an Veranstaltungsorten, Farbanschläge auf Wohnhäuser oder Angriffe auf das Eigentum von AfD-Politikern.

Die Cyberabwehr des Verfassungsschutzes beobachtete 2019 eine weitere Zunahme staatlich gesteuerter Cyberangriffe. Vor allem China und Russland betreiben demnach staatlich gelenkte Wirtschaftsspionage. Immer häufiger beobachten die Spezialisten des Amtes Angriffe gegen eher kleinere Unternehmen, um durch diese dann den Zugriff auf größere Firmen zu erhalten.