Beim Einkaufen müssen Kunden deutlich tiefer in die Tasche greifen. (Symbolbild) Foto: AFP/INA FASSBENDER

Die Verbraucherpreise sind im April deutschlandweit weiter gestiegen. Besonders hoch ist die Preissteigerung etwa für Heizöl und Treibstoff in Baden-Württemberg. Nur eine Warengruppe ist preiswerter geworden.

Die Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland müssen im April für Energie, Wohnen und Nahrungsmittel noch tiefer in die Tasche greifen als zuvor. Die Verbraucherpreise sind weiter gestiegen und liegen nun um 7,4 Prozent höher als im entsprechenden Vorjahresmonat, teilt das Statistische Bundesamt mit. Im März lag die Inflationsrate deutschlandweit noch bei 7,3 Prozent. Zuletzt erreichte die Inflationsrate in Deutschland im Herbst 1981 dieses Niveau, als infolge des Ersten Golfkriegs zwischen dem Irak und Iran die Mineralölpreise stark gestiegen waren, so die Statistiker.

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Besonders deutlich hat sich das Leben in Baden-Württemberg verteuert. Im April erhöhten sich die Verbraucherpreise im Südwesten im Vergleich zum Vorjahr nach Berechnungen des Statistischen Landesamtes in Stuttgart um 7 Prozent, nach 6,3 Prozent im März. Die Inflationsrate ist so hoch wie zuletzt Anfang 1974. Allerdings liegt die Teuerungsrate damit weiter unterhalb des Bundesdurchschnitts. Stärker als hierzulande sind die Preise im April etwa in Bayern gestiegen – hier liegt die Inflationsrate bei 7,5 Prozent (März: 7,8 Prozent). Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt diese Rate nun bei 7,7 Prozent. Und in Hessen hat sich das Leben der Verbraucher im April gegenüber dem Vorjahresmonat um 7,9 Prozent verteuert (März: 8,0 Prozent).

Der Krieg und die Folgen

Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine sind die Preise für Energie geradezu in die Höhe geschossen. Heizöl, Benzin und Diesel haben sich deutschlandweit allein im April um 35,3 Prozent verteuert. Und sollte es zu einem Lieferstopp russischen Gases kommen, dürfte die Inflation einen weiteren Sprung nach oben machen, befürchtet man beim Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Ein kleiner Trost: Im März war die Teuerung für Energie sogar noch höher. Obst, Gemüse, Fleisch und Getränke verteuerten sich im April um 8,5 Prozent. Der Preisaufschlag bei Mieten in Deutschland kommt da mit plus 1,6 Prozent recht bescheiden daher.

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Betrachtet man die Bundesländer, haben sich die Preise freilich sehr unterschiedlich entwickelt. Ein Beispiel: In Baden-Württemberg verteuerte sich Heizöl um 71 Prozent; in Bayern waren es dagegen mehr als 92 Prozent. Auch die Preisentwicklung bei Nahrungsmitteln unterscheidet sich von Land zu Land durchaus – allerdings nicht so erheblich wie gerade beim Heizöl. Nach Ansicht von Friedrich Heinemann, der beim Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW) den Forschungsbereich Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft leitet, sind diese Unterschiede „rein zufällig“. „Es gibt Messungenauigkeiten, und bei so hoher Inflationsdynamik schwanken Inflationsraten ohnehin stärker“, sagt er.

Preissteigerungen bleiben hoch

Experten sind sich einig, dass Deutschland auch in den kommenden Monaten hohe Preissteigerungsraten sehen wird. „Es gibt noch sehr viel Inflation in der Pipeline“, sagt ZEW-Forscher Heinemann. „Die Unternehmen sind auf ihrer Einkaufsseite mit stark zweistelligen Preiserhöhungen konfrontiert, die längst noch nicht weitergegeben sind“, fügt er hinzu. Wenn nun in einigen Bundesländern die Inflationsrate leicht sinke, sei dies „allenfalls eine Verschnaufpause“, so Heinemann.

Es geht dabei nicht nur um Preissprünge bei der Energie. Hinzu kommen Lieferengpässe durch unterbrochene Lieferketten aufgrund der Coronapandemie – schon seit Monaten besteht Mangel an elektronischen Produkten wie Halbleitern. Verteuert haben sich aber auch Stahl und Aluminium – und die Transportkosten.

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Die Erzeugerpreise für gewerbliche Waren sind zuletzt stark gestiegen – und zwar um mehr als 30 Prozent im März, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat. Umfragen haben ergeben, dass die überwiegende Mehrheit der Unternehmen versucht, diesen Preisschub zumindest teilweise an die Kunden weiterzugeben.

650 Güter befinden sich im Warenkorb

Die Inflationsrate wird monatlich berechnet. Die Statistiker verwenden dafür einen Warenkorb, der mit 650 verschiedenen Gütern gefüllt ist. Er repräsentiere sämtliche von privaten Haushalten in Deutschland gekauften Waren und Dienstleistungen, so die Statistiker. In regelmäßigen Abständen wird der Warenkorb entsprechend der sich ändernden Verbrauchergewohnheiten neu zusammengestellt. Übrigens: Im April (und auch im Vormonat März) ist der Preis nur einer einzigen Güterart leicht gesunken – die von Post und Telekommunikation.