Krampfadern verursachen Schmerzen und weitere Beschwerden. Foto: PantherMedia / Inna Talan

Sie sind knotig, schlängeln sich unter der Haut und schmerzen: Krampfadern sind nicht nur unschön, sondern können ernste Beschwerden verursachen. Warum entstehen Krampfadern überhaupt? Und was hilft? Ein Gefäßmediziner weiß Rat.

Bläuliche Venen direkt unter der Haut empfinden viele Menschen als unschön. Solche Krampfadern verursachen aber oft auch Beschwerden: Geschwollene Beine und offene Wunden können die Folgen sein, außerdem ist das Risiko für Venenentzündungen und Thrombosen (gefährliche Verstopfung eines Blutgefäßes) erhöht. Der Gefäßmediziner Bernd Krabbe von der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (Gefäßerkrankungen) erklärt, was hilft.

Herr Dr. Krabbe, sind Krampfadern ein Volksleiden?

Ja, das hat die Bonner Venenstudie vor ein paar Jahren bestätigt. Demnach haben 60 Prozent aller Menschen kleine Krampfadern, sogenannte Besenreiser. 30 Prozent haben größere. Jede fünfte Frau und jeder sechste Mann haben eine venöse Insuffizienz, bei der es zu Blutrückstau kommt.

Stimmt es, dass solche Beschwerden immer häufiger werden?

Tendenziell schon. Das liegt daran, dass vor allem die Risikofaktoren Bewegungsmangel und Adipositas, also starkes Übergewicht, zunehmen.

In welchem Alter macht sich das Problem bemerkbar?

Bei den meisten geht es zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr los. Oft zeigen sich zunächst Besenreiser, kleine erweiterte Äderchen in der obersten Hautschicht. Sie sind bloß ein kosmetisches Problem. Mit dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, Krampfadern zu entwickeln. Fast jeder, der über 70 ist, hat zumindest kleine Krampfadern.

Kann man also schon als junger Mensch an deutlichen Krampfadern leiden?

Es gibt durchaus junge Menschen, bei denen das Problem relativ ausgeprägt ist, manchmal sogar so stark, dass sie therapiebedürftig sind. Sie haben dann meistens eine erbliche Veranlagung.

Schwangerschaftshormone weiten die Blutgefäße

Frauen sind häufiger betroffen. Warum?

Das liegt unter anderem daran, dass Schwangerschaften zu den Risikofaktoren für Krampfadern zählen. Die Schwangerschaftshormone Progesteron und Östrogen weiten die Blutgefäße. Hat eine Frau zudem ein schwaches Bindegewebe, kommt es zu einer verstärkten Krampfaderbildung. Außerdem muss auch mehr Blut transportiert werden, was das Risiko noch weiter erhöht. Es ist sowieso schon eine wahnsinnige Leistung, die unsere Venen erbringen: Sie müssen jeden Tag ungefähr 7000 Liter Blut transportieren, und das gegen die Schwerkraft. Manchmal bilden sich die Krampfadern nach der Schwangerschaft zwar zurück, bei vielen Frauen bleiben sie aber auch bestehen.

Wie kann man am besten vorbeugen?

Bewegung ist sehr wichtig. Wenn man einen Beruf hat, in dem man viel sitzen muss, sollte man zwischendurch mal aufstehen und ein paar Schritte gehen. Oder man bewegt im Sitzen die Sprunggelenke und wippt auf den Zehenspitzen. Alles, was die Wadenmuskelpumpe in Gang setzt, führt dazu, dass das Venensystem entlastet wird. Das Herz pumpt das Blut bis in den Fuß. Der Rückfluss funktioniert über andere Mechanismen, nämlich hauptsächlich darüber, dass die Muskulatur in der Wade bei Anspannung die Venen zusammendrückt und dann im Prinzip das Blut dort auspresst. Kleine Klappen in den Venen, die wie Ventile funktionieren, sorgen dafür, dass das Blut in Richtung Herz strömt. Allgemein gilt als Merkspruch: „L“ wie laufen oder liegen ist gut, „S“ wie sitzen oder stehen schlecht.

Welche Sportarten sind denn am besten zur Vorbeugung geeignet?

Im Prinzip alle. Besonders gut geeignet ist Schwimmen. Zum einen liegt man dabei eher, zum anderen bewirkt der Wasserdruck eine Kompression, so dass der Rückfluss noch einmal verbessert wird.

Kompressionsstrümpfe helfen

Ist es bei Krampfadern wichtig, viel zu trinken?

Man sollte ausreichend trinken. Krampfadern können ein Risikofaktor für Thrombosen sein. Das sind Gerinnsel in den Venen, die dann entstehen, wenn das Blut besonders dick ist oder besonders langsam fließt. In Krampfadern fließt es langsam, weil die Venenklappen da nicht richtig funktionieren und das Blut stockt. Wenn man zudem wenig trinkt, kann es sein, dass das Blut dicker ist und man eine Thrombose entwickelt.

Sollte man früh schon mit Kompressionsstrümpfen anfangen?

Ja. Das kann die Entstehung von Krampfadern verhindern oder zumindest verlangsamen. Wer einer Risikosituation ausgesetzt ist, also beruflich viel stehen muss, ist mit Kompressionsstrümpfen gut beraten. Die heutigen Modelle sind nicht mehr mit dem alten Gummistrumpf vergleichbar, den viele noch aus Großmutters Zeiten vor Augen haben. Man sieht jetzt immer öfter, dass Leistungssportler Kompressionsstrümpfe tragen, weil dies das Kreislaufsystem unterstützt.

Wann sollte man zu einem Arzt gehen?

Wenn man bei sich eine Krampfaderbildung feststellt, sollte man sich von einem Gefäßspezialisten untersuchen lassen – auch wenn es erst nur Besenreiser sind.

Chefarzt in Steinfurt

Leben
  Bernd Krabbe (40) ist Chefarzt des Bereichs Angiologie am Marienhospital Steinfurt. Seit vergangenem Jahr gehört er dem Beirat der Deutschen Gesellschaft für Angiologie an.

Laufbahn
 Nach seinem Medizinstudium an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster arbeitete Krabbe zunächst vier Jahre als Assistenzarzt in Steinfurt. Im Jahr 2013 wechselte er an die Klinik für Angiologie des Klinikums Darmstadt, wo er zuletzt als Oberarzt und Stellvertreter des Direktors tätig war.