Die internationale Balkan-Folk-Band Foaie Verde mit Veit Hübner aus Korntal-Münchingen am Kontrabass. Foto: Sebastian Klein

Der preisgekrönte Kontrabassist Veit Hübner unterstützt mit seiner Band Foaie Verde eine einmalige Hilfsaktion in Korntal-Münchingen. Warum er zur Ukraine eine besondere Verbindung hat.

Mehr als eine Million Menschen sind seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine nach Deutschland geflohen, mehr als 7000 im Kreis Ludwigsburg registriert. Drei von ihnen haben voriges Jahr eine Weile bei Veit Hübner gelebt, ehe sie zurück in das zerstörte Land sind. Der preisgekrönte Kontrabassist hatte Platz im Haus, nachdem seine drei Kinder ausgezogen waren. „Die sieben Monate waren total schön“, sagt der 54-Jährige und auch, er sei traurig, dass sie zurückgegangen sind. Sie, das sind Olga, ihr dreijähriger Sohn Sascha und ihre Nichte Halina aus Poltawa, eine Stadt rund 140 Kilometer entfernt von der schwer vom Krieg getroffenen Millionenstadt Charkiw im Osten nahe der russischen Grenze.

Auch wenn die gemeinsame Zeit vorbei ist – der Kontakt ist geblieben. Er habe eine besondere Verbindung zur Ukraine, erzählt Veit Hübner. So sagte er auch zu, mit seiner internationalen Band Foaie Verde – mit der Sängerin Katalin Horvath (Ungarn), dem Geigenvirtuosen Sebastian Mare (Rumänien), Vladimir Trenin (Bajan, Russland) und Frank Wekenmann (Gitarre, Deutschland) – ein Benefizkonzert zugunsten der einmaligen Aktion „Korntal-Münchingen hilft Baschtanka“ zu geben. „Wir waren alle sofort dafür, denn wir haben das Bedürfnis zu helfen“, sagt der Korntaler mit tschechischen Vorfahren, der auch Komponist und Vorsitzender des Korntal-Münchinger Vereins Jazzkultur ist. Was das Publikum am 19. April in der Stadthalle erwartet? „Feurige, osteuropäische Balkanmusik.“

Jugend im Einsatz für Baschtanka

Veit Hübner sagt, er könne fast täglich Benefizkonzerte spielen. Themen gebe es viele. Doch gerade vor dem Hintergrund der Folgen der Coronakrise müsse die Band gut überlegen, was und wen sie unterstützt. Auf der Liste steht diese Woche noch ein Konzert in Ravensburg, wo Veit Hübner das Gymnasium besuchte. Der Erlös des Konzerts kommt den Menschen in der vom Erdbeben zerstörten türkischen Stadt Antakya zugute.

Korntal-Münchingen hilft Baschtanka“ hat zum Ziel, genug Spendengelder für einen Linienbus für die Kommune östlich der Stadt Mykolajiw zu sammeln. Es war Ende 2022, als der Jugendgemeinderat dem Partnerschaftskomitee vorschlug, einer vom Krieg gebeutelten Stadt in der Ukraine zu helfen. Die Jugendlichen werden von vielen Freiwilligen unterstützt, wie Mitarbeiter der Brüdergemeinde und der Mission „Licht im Osten“ sowie weitere Ehrenamtliche, zu denen auch Menschen aus der Ukraine gehören. Die „Servicestelle Kommunen in der Einen Welt“, die Solidaritätspartnerschaften mit Städten in der Ukraine vermittelt, stellte den Kontakt zu Baschtanka her.

Große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung

Beim Benefizkonzert informieren der Jugendgemeinderat und das Partnerschaftskomitee über das Spendenprojekt. Sie übernehmen die Garderobe, schenken Getränke aus, um unnötige Ausgaben zu sparen – und bitten um Spenden. „Da die Musiker von Foaie Verde auf ihre Gage verzichten, hoffen wir, dass sich die Fans und das Publikum großzügig zeigen“, sagt Eva Tilgner, im Rathaus zuständig für Städtepartnerschaften. Das Interesse und die Hilfsbereitschaft der Korntal-Münchinger seien erfreulich groß. Die Servicestelle finanziert 90 Prozent der Kosten eines gebrauchten, gut erhaltenen Linienbusses sowie Generatoren für die Stromversorgung. Der Eigenanteil von zehn Prozent sei zwar noch nicht beisammen, sagt Eva Tilgner. „Wir sind aber zuversichtlich, dass wir unser Ziel erreichen und einen Bus für Baschtanka ermöglichen.“

Derweil denkt Veit Hübner viel an Poltawa, seine drei früheren Mitbewohner. Olga ging wegen ihres Jobs zurück, sonst wäre sie gekündigt worden – und weil Sascha seinen Vater, ein Automechaniker, braucht. „Es ist ein blödes Gefühl nicht zu wissen, wie es ihnen wirklich geht“, sagt Veit Hübner. Zum Glück sei in Poltawa „kriegsmäßig nicht viel los“. Gerade Sascha ist ihm ans Herz gewachsen. Durch die Flucht nach Deutschland sei der Junge „total durch den Wind“ gewesen. Langsam hätten sich die zwei angenähert, „mit Händen und Füßen“ kommuniziert. Halina spricht sehr gut Englisch – und die Übersetzer-App auf dem Smartphone habe „gigantisch funktioniert“, sagt Veit Hübner und lacht. Poltawa ist die Partnerstadt von Leinfelden-Echterdingen. Dort arbeitete damals die Frau des Foaie-Verde-Bajanisten im Kulturamt der Stadt und war für die ukrainische Partnerstadt zuständig. So entstand der Kontakt zu Olga und ihrer Familie.

Auch anderweitig mit Flüchtlingen zu tun

Und auch anderweitig hat Veit Hübner mit Flüchtlingen zu tun: Ein Schulfreund dreht zurzeit über Foaie Verde einen Dokumentarfilm, der auch Auftritte mit geflüchteten Musikern zeigt. Veit Hübner hofft, dass das Werk im Herbst fertig ist – und er Olga und ihre Familie bald wieder sieht. „Sobald der Krieg vorbei ist, besuchen wir sie.“

Foaie Verde ist an diesem Mittwoch, 19. April, um 20 Uhr in der Stadthalle Korntal zu Gast. www.korntal-muenchingen.de/baschtanka.