Seine erste Show: Sören Geisler mit seinem Diabolo Foto: /Max Kovalenko

Er war schon immer der Ort, an dem man alles Bleierne und Wüste vergessen konnte. Insofern passt es ganz gut, dass sich das Friedrichsbau-Varieté in einen Ballsaal verwandelt.

Die Lage ist schlecht, die Stimmung ist noch schlechter. Das Grau des Wetters und das Grauen der Politik legt sich aufs Gemüt. Da tun gute Laune und Aufmunterung not. Also ab zur Weltenflucht ins Friedrichsbau-Varieté am Pragsattel zur neuen Show „The Ballroom“ – ab in den Ballsaal.

Hier erklingt nicht der Novemberblues, hier wabern elektronische Klänge durchs Haus und lassen Bühne, Stühle und Tische zittern und klappern. Der Trübsinn wird exorziert und ausgetrieben.

Mit der Musik begann tatsächlich alles. Regisseur Ralph Sun hat in einem früheren Leben elektronische Musik gemacht, einen Plattenvertrag bekommen, mit Klang und Bild experimentiert. Und so hat er für die neue Show erst einmal die Musik ausgesucht, dann die Künstler dazu gesucht, auf dass alles im Rhythmus und im Takt bleibt.

Das Ensemble tanzt. Foto: Max Kovalenko

Musik galt schon immer als gefährlich und umstürzlerisch. Die Behörden in den USA verboten Auftritte von Jazzern und Rock-’n’-Rollern, und in Tschetschenien haben sie jetzt erst allen Ernstes Musik verboten, die zu langsam und zu schnell ist. Erlaubt sind nur noch Songs, die mindestens 80 und maximal 116 Beats pro Minute haben. Mittelmaß halt.

Tja, in Tschetschenien wäre „The Ballroom“ also verboten, zu lebhaft sind Musik und Show – die letzte im Jubiläumsjahr des Varietés. Und auch im 30. Jahr des Bestehens des neuen Friedrichsbau gilt: Die Wintershow muss laufen, wenn es draußen dunkel und kälter wird, über Weihnachtsgeschenke nachgedacht wird, dann müssen Tickets verkauft werden, damit die Bilanz stimmt.

Duo Baer Foto: Max Kovalenko

Also geht man auf Nummer sicher? Da kennt man Ralph Sun schlecht. Wie gesagt, elektronische Musik trägt das Programm, eher unüblich für das Varieté alter Schule. Und dann hat er einen ganz jungen Kerl dabei, der eigentlich gar nicht auftreten dürfte. Der Berliner Sören Geisler geht auf die Artistenschule in seiner Heimatstadt und hat noch keinen Abschluss. Er dürfte also, wir sind in Deutschland, seine Ausbildung nicht unterbrechen, um aufzutreten. Doch weil Sun hartnäckig blieb, durfte er kommen. Nun sehen die Stuttgarter als Premiere, wie Geisler sein Diabolo mit Breakdance verbindet.

Fanny di Favola Foto: Max Kovalenko

Bestens bekannt ist Fanny di Favola. Allerdings vor allem als Burlesque-Künstlerin. Im Ballsaal tanzt sie natürlich auch, ist aber als Moderatorin dafür da, alles zusammenzuhalten, den ganzen vielfältigen Haufen, der durch die Revue tobt. Lisa Chudalla turnt mit dem Cyr-Wheel: ein Rhönrad, aber nur mit einem Reifen. An der fliegenden Stange zeigen Romy Haupt und Aleksandar Savija, dass die Gesetze der Schwerkraft und der Orthopädie für sie nicht gelten.

Aleksandar Savija Foto: Max Kovalenko/Max Kovalenko

Die Vegas Showgirls waren schon öfters da, diese Mal haben sie mit Jordan Shome einen Boy dabei. Das Duo Baer aus Finnland zeigt seine Akrobatik auf einem drehenden Ring, Cassandra May Raineri ist am Vertikaltuch zugange, und der Bulgare Nikolay Matev tanzt und dirigiert dabei Laserstrahlen. Das vertreibt garantiert jedes Grau.

The Ballroom“: Bis zum 2. März im Friedrichbau-Varieté. www.friedrichsbau.de, Tel. 07 11 / 2 25 70 70.