Musicalstar Uwe Kröger feiert am Mittwoch seinen 60. Geburtstag. Foto: Moni Fellner

Für die „New York Times“ ist er „der größte Musicalstar Deutschlands“: Vor 30 Jahren, als Stuttgart Musicalstadt wurde, spielte Uwe Kröger die Hauptrolle. Im Interview blickt der Sänger, der am Mittwoch 60 Jahre alt wird, auf die Zeit in Deyhles Showreich zurück.

Kaum hat Stuttgart den 30. Geburtstag als Musicalstadt gefeiert, wird Uwe Kröger, Stuttgarts erster Musicalstar als GI Chris bei „Miss Saigon“, 60 Jahre alt. Wir sprachen mit dem in Spanien lebenden Sänger, der vor wenigen Tagen bei der Premiere des Musicals „Die Weihnachtsgeschichte“ als griesgrämiger Geizhals Scrooge auf der Bühne des Deutschen Theaters in München das Publikum begeistert hat, am Telefon über seine Erinnerungen an den Start am 2. Dezember 1994 in der neuen Show-Welt von Möhringen.

Herr Kröger, Ihren 30. Geburtstag haben Sie zwei Tage nach der Premiere von „Miss Saigon“ in Stuttgart gefeiert. Sie erinnern sich?

Aber ja, ganz genau, ich erinnere mich sogar sehr gern daran. Im Irish Pub des SI-Centrums habe ich mit meinen Freunden am 4. Dezember 1994 nach der Vorstellung den runden Geburtstag gefeiert. Die Premiere von „Miss Saigon“ am 2. Dezember 1994 war großes Kino. Das war ein herausragendes Erlebnis. Ich habe das Ensemble geliebt, so viele Nationalitäten auf einem Haufen. Eine wahrlich kosmopolitsche Cast! Ein Traum! Was für eine Wahnsinnzeit für uns alle! Ich bin stolz, dass ich dabei war, als Rolf Deyhle ein Theater auf einem früheren Sauerkrautfeld gebaut hat.

Uwe Kröger als Ebenezer Scrooge in München im Musical „Die Weihnachtsgeschichte“ nach Charles Dickens und mit der Musik von Michael Schanze /Deutsches Theater

Wie feiern Sie am Mittwoch Ihren 60. Geburtstag?

Zuhause in Spanien in Puerto de Mazarrón, wo ich mit meinem Mann lebe und wir eine Diskothek betreiben. Wir hatten nach der verheerenden Wetterkatastrophe einen enormen Wasserschaden. Da gibt es viel zu tun.

Stuttgart ist nun seit 30 Jahren Musicalstadt. Im Dezember 1994 kam mit „Miss Saigon“ eine Ahnung von großer Welt auf die Filder. Woran erinnern Sie sich?

Zum ersten Probentag kam ich zu spät aus Wien. In der Nacht wurden die Uhren umgestellt. Mein Hotel in Wien hat mich nach meiner letzten Vorstellung als „Tod“ in „Elisabeth“ nicht rechtzeitig geweckt, sodass ich zu spät auf dem Flughafen eintraf. Die damalige Musicalpressesprecherin Daniela Mink hat mich in Stuttgart vom Flugzeug abgeholt, ich war drei Stunden zu spät. Mit ihr sprach ich zuerst über ein Bügelbrett, das ich brauchte. Es ging dann zur Probebühne in Echterdingen. Ich weiß noch genau, was Aura Deva, die Hauptdarstellerin der Miss Saigon, zu meiner Verspätung sagte: „I make me beautiful for you – you come too late“ (Ich habe mich für dich schön gemacht – du bist zu spät). Aura war eine kleine Prinzessin.

Sie trugen damals schulterlange Haare für die Rolle des „Todes“. Was war schlimmer für Sie – die Haare zu schneiden oder von Wien nach Stuttgart zu ziehen?

Weder noch. Ich hasse Stagnation und liebe es, wenn man lebendig und beweglich bleibt – geistig wie körperlich. So sehr ich Wien damals liebte und mit dem „Tod“ womöglich die Rolle meines Lebens bereits gefunden hatte, war ich froh, dass die Haare geschnitten wurden und ich mich auf eine Rolle aus Fleisch und Blut vorbereiten durfte. GI Chris hatte Fleisch und Blut und zeugte mit einem Barmädchen ein Kind.

Proteste gegen Sextourismus

Mit der Miss Saigon wurde eine Prostituierte zum Star in Stuttgart.

Das hat nicht allen gefallen. Ich erinnere mich an Demonstrationen, die es gab, vor allem von Senioren in Möhringen. Sie forderten, es dürfe keinen Sextourismus geben.

In dem Stück ging es vor allem um Krieg, nicht nur um Sex, der für viele US-Soldaten Ablenkung in Saigon vor.

Mir hat die Rolle sehr viel Spaß gemacht. Ich weiß noch, wie der Regisseur uns brutale Kriegsszenen aus Vietnam per Film vorgeführt hat. Wir haben verstanden, dass wir mit dem Stück eine Verantwortung hatten und nicht vergessen durften, vor welchem Hintergrund die Geschichte spielt. Ich weiß nicht, ob so ein Stück heute funktionieren würde, wenn es im Krieg von der Ukraine spielen würde.

Uwe Kröger bei der Premiere von „Miss Saigon“ 1994 in Stuttgart mit Rolf Deyhle )Mitteund Aura Deva. /Kraufmann

Wie wichtig war diese Rolle für Ihre Karriere?

Bei einer deutschsprachigen Erstaufführung, der Eröffnung eines neuen Musicaltheaters aktiv dabei sein zu dürfen, ist ein großes Geschenk. Wie jede andere Rolle in meinem Leben hat sie mir das nächste Engagement ermöglicht: Joe Gillis in der deutschsprachigen Erstaufführung von „Sunset Boulevard“ in Niedernhausen.

Würden Sie den GI Chris in „Miss Saigon“ gern noch mal spielen?

Dies werde ich immer wieder gefragt. Aber seien wir ehrlich, ich könnte heute der Opa von „Miss Saigon“ sein.

Was raten Sie jungen Talenten, die einen Weg und eine Karriere wie Sie einschlagen wollen?

Talent reicht nicht. Es kommt auch auf Disziplin, Demut und Liebe zu dieser Berufung an.

Was sind Ihre weiteren Pläne?

Die Premiere im Deutschen Theater in der „Weihnachtsgeschichte“ nach Charles Dickens war großartig. Die Musik stammt von Michael Schanze. Den alten Geizhals spiele ich in München noch bis zum 8. Dezember, dann geht es damit nach Berlin. Im Anschluss beginnen die Proben für „Phantom der Oper“, mit dem ich auch nach Stuttgart kommen werde.

Wie fühlt sich die 60 an?

Entschleunigt! Ruhig! Mehr „wir“ als „ich“! 60 ist super!