Alexander Zverev schaffte im Halbfinale ein eindrucksvolles Comeback. Foto: AP/Seth Wenig

Zum ersten Mal seit 1994 steht wieder ein deutscher Tennisspieler im Finale der US Open. 26 Jahre nach Michael Stich erreicht der Hamburger Alexander Zverev das erste Grand-Slam-Endspiel seiner Karriere - und trifft dort auf einen guten Freund aus Österreich.

New York - Trotz eines 0:2-Satzrückstandes im Halbfinale hat Tennisprofi Alexander Zverev zum ersten Mal in seiner Karriere das Endspiel eines Grand-Slam-Turniers erreicht. Bei den US Open in New York gewann der 23 Jahre alte Hamburger am Freitag (Ortszeit) ein packendes und anfangs bizarres Fünf-Satz-Match gegen Pablo Carreño Busta aus Spanien in 3:22 Stunden noch 3:6, 2:6, 6:3, 6:4, 6:3.

Im Finale am Sonntag (22.00 Uhr MESZ/Eurosport) trifft der Weltranglisten-Siebte in einer Neuauflage des diesjährigen Australian-Open-Halbfinals auf seinen guten Kumpel Dominic Thiem. Der 27 Jahre alte Österreicher entschied sein Halbfinale gegen den Russen Daniil Medwedew mit 6:2, 7:6 (9:7), 7:6 (7:5) für sich. In Melbourne hatte Zverev erstmals ein Grand-Slam-Halbfinale erreicht, vor der monatelangen Unterbrechung der Tour wegen der Coronavirus-Pandemie aber gegen Thiem verloren. „Ich bin natürlich froh, aber der Job ist noch nicht erledigt“, sagte Zverev dem ARD-Hörfunk. „Ich möchte noch ein Match gewinnen, und das wird das schwerste. Aber ich bin bereit.“

Auf den Spuren von Michael Stich

Der Weltranglisten-Siebte zog als erster deutscher Tennisspieler seit Michael Stich 1994 in Flushing Meadows in das Finale ein. Letzter deutscher Turniersieger bei den US Open war Boris Becker im Jahr 1989. Der dreimalige Wimbledon-Champion hob vor allem die mentale Leistung Zverevs hervor, der erstmals in seiner noch jungen Karriere einen 0:2-Satzrückstand noch aufholte. „Ich habe mir nach zwei Sätzen schon Sorgen gemacht. Er ist dann vom Platz gegangen, aber er kam anders zurück. Er hatte dann eine andere Körpersprache. Insgesamt blieb er auch in den kritischen Phasen sehr ruhig“, sagte Becker am Freitag (Ortszeit) bei Eurosport und betonte: „Es ist unglaublich, was Alexander Zverev für ein Mentalitätsmonster geworden ist.“

Wenige Stunden zuvor hatte sich die deutsche Fed-Cup-Spielerin Laura Siegemund den Titel im Doppel gesichert. Die 32-Jährige aus Metzingen setzte sich mit ihrer russischen Partnerin Vera Swonarewa gegen Nicole Melichar/Xu Yifan aus den USA und China mit 6:4, 6:4 durch. Es ist der erste Titelgewinn einer Deutschen im Doppel von Flushing Meadows seit Claudia Kohde-Kilsch, die 1985 gemeinsam mit Helena Sukova aus der damaligen Tschechoslowakei den Titel holte.

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Zverev ist der jüngste Grand-Slam-Finalist seit Novak Djokovic vor zehn Jahren bei den US Open und der erste Deutsche im Endspiel seit Rainer Schüttler vor 17 Jahren bei den Australian Open. „Ich konnte es nicht glauben, als ich 0:2 in Rückstand geriet. Ich wusste gar nicht, was los war. Aber ich bin in meinem ersten Grand-Slam-Finale, das ist das Wichtigste“, sagte Zverev. „Ich könnte nicht glücklicher sein, aber es ist noch ein Schritt zu gehen.“

Dabei war er miserabel in die Partie gestartet. Zum 1:3 nahm der Weltranglisten-27. aus Gijon im ersten Satz Zverev das Aufschlagspiel ab. Als nach 40 Minuten eine Rückhand des Deutschen im Netz landete, war Durchgang eins entschieden. Im zweiten Satz wurde es zunächst noch schlimmer: Gleich im ersten Spiel kassierte Zverev ein Break. Er kämpfte zwar, doch der frühere Top-Ten-Spieler Carreño Busta wusste auf alles die bessere Antwort und spielte grundsolide und unaufgeregt. Nach 85 Minuten lag Zverev 0:2 nach Sätzen hinten und schien schon so gut wie auf dem Weg zum Flughafen „John F. Kennedy“.

Verwandelter Zverev

„Als ich 3:6, 2:6 hinten lag, habe ich mir gedacht, so kann ich ein Grand-Slam-Halbfinale nicht beenden“, sagte Zverev. „Ich hatte keine Chance, ich habe schlecht gespielt.“ Nach dem verlorenen zweiten Satz verließ er den Platz - und kam regelrecht verwandelt wieder. Er wurde nun stärker, spielte präziser und leistete sich weniger Fehler.

Mit dem Satzgewinn zum 6:3 keimte wieder Hoffnung auf. Im vierten Durchgang wurde es dann kurzzeitig unschön, als Carreño Busta beim Stand von 3:5 aus seiner Sicht einen harten Ball direkt auf Zverevs Körper schlug. Der Spanier entschuldigte sich zwar sofort, doch Zverev blickte in einer Mischung aus Unverständnis und Unversöhnlichkeit über das Netz. „Na ja, es ist Teil des Spiels, aber er hatte das ganze Feld frei vor sich“, sagte Zverev später. Mit einem Ass nutzte er seinen vierten Satzball zum 2:2-Ausgleich.

Vor dem fünften Durchgang musste sich Carreño Busta am Rücken behandeln lassen und nahm eine dreiminütige medizinische Auszeit. Zverev nutzte diese Schwächephase und ging mit einem Break sofort 1:0 in Führung. Den ersten Matchball ließ Zverev wenig später noch ungenutzt, dann landete eine Rückhand des Spaniers im Netz.