Bei einer Kernspintomografie helfen Kontrastmittel dabei, Veränderungen im Körper zu erkennen. Foto: dpa/Bernd Wüstneck

Beim Einkauf für die bei der Krebsdiagnose wichtigen Kontrastmittel darf die Krankenkasse auf kostengünstige Lösungen setzen. Eine Firma hatte sich dagegen gewehrt.

Stuttgart - Vor zwei Jahren machten Medienberichte Schlagzeilen, wonach Pharmafirmen die in der Krebsdiagnose wichtigen Kontrastmittel zu stark überhöhten Preise bei den Kassen abgerechnet hatten. Mittel zum Gestehungspreis von 200 Euro pro Liter sollen für 6000 bis 7000 Euro im Handel angeboten und Radiologen sollen an Gewinnen beteiligt worden sein, hieß es damals. In vielen Bundesländern reagierten die Krankenkassen und kürzten die Pauschalen für diese Mittel erheblich. Mancherorts – auch in Baden-Württemberg – werden die Kontrastmittel nun öffentlich von den Krankenversicherungen ausgeschrieben, der billigste Anbieter erhält dann den Zuschlag.

AOK schrieb Bieterverfahren aus

Zu einem solchen Fall hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg eine Entscheidung verkündet, über die am Dienstag per Pressemitteilung berichtet worden ist. Dabei ging es um ein sogenanntes Open-House-Verfahren über die Lieferung von Kontrastmitteln – also die freie Ausschreibung an Anbieter, die zu einem bestimmten Preis liefern müssen. Laut Gericht hat die AOK einer bestimmten Region – nach Informationen unserer Zeitung soll es die AOK Nord-Ost gewesen sein – dieses Bieterverfahren ausgeschrieben, darin mehrere Kontrastmittel verschiedenster Konzentrationen genannt und in einer Fachgruppe C versammelt. Ihr zugeschlagen wurde auch eine bestimmte Fachgruppe der Röntgenkontrastmittel, die eine Konzentration von 400 Milligramm pro Milliliter erfasst. Für dieses Mittel gibt es jedoch nur einen Anbieter, vom Gericht „A“ genannt, der das Produkt P 400 herstellt.

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Dass auch dieses Produkt ins allgemeine Bieterverfahren kommt, das individuelle Vertragsverhandlungen unmöglich macht, dagegen wehrte sich die Firma gerichtlich. Ihr Argument laut Gerichtsmitteilung: „Bei ihrem Produkt P 400 handele es sich um ein hoch konzentriertes, innovatives und daher auch teures Produkt mit einer Konzentration von 400 mg Jod pro ml, das sie weltweit allein im Angebot habe.“ Man hätte dafür eine eigene Preisgruppe bilden müssen. Das Landessozialgericht folgte der Auffassung nicht. Das Open-House-Verfahren ziele nicht auf exklusive Rabattverträge mit einzelnen Herstellern ab, sondern stehe allen pharmazeutischen Unternehmen, Großhändlern und Re-Importeuren offen. Es gebe auch keine Bedenken gegen die Festsetzung eines Einheitspreises für die Fachgruppe C: Dass der vorgegebene Preis von 0,19 Euro pro Milliliter offensichtlich nicht den Preisvorstellungen von A entspreche, sei irrelevant, heißt es in der Mitteilung. Die gesetzlichen Krankenversicherungen müssten sich nicht nur nach den Gewinnerwartungen der Anbieter richten, sie müssten auch „die Ausgaben der GKV durch die Erzielung von Rabatten senken und gleichzeitig den Wettbewerb auf dem Arzneimittelmarkt fördern“. Der elfte Senat des Landessozialgerichts habe es daher letztinstanzlich abgelehnt, „die Durchführung eines Open-House-Verfahrens für Kontrastmittel zu untersagen.“

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Dem Vernehmen nach handelt es sich bei A um einen Pharmahersteller und Großhändler mit einem Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Euro, der auch einen deutschen Ableger in Konstanz hat. Das Open-House-Verfahren bei der AOK Nord-Ost ist vom AOK-Bundesverband betrieben worden, vermutlich mit dem Hintergrund, die juristischen Chancen für ein solches Vorgehen auszuloten. Eine Anfrage zu diesem Thema an die AOK Baden-Württemberg blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.