Das ehemalige KZ Stutthof ist heute ein Museum. Foto: dpa/Piotr Wittman

Seit mehr als zehn Jahren haben die Gerichte erkannt, dass auch die kleinen Rädchen das NS-Getriebe am Laufen gehalten haben. Das ist ein Meilenstein der Rechtsprechung – und wird durch ein neues Urteil bestätigt, kommentiert Christian Gottschalk.

Den Titel für die älteste Verurteilte in Deutschland bekommt sie nicht. 97 Jahre ist die ehemalige KZ-Sekretärin, die am Dienstag wegen Beihilfe zum Mord eine Bewährungsstrafe erhielt. Im Sommer war ein ehemaliger KZ-Wachmann verurteilt worden, er ist 101 Jahre alt. Mehr als 77 Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur verwendet die Justiz viel Zeit, viele Mittel und Ressourcen um aufzudecken, was damals geschah. Manche halten diese Mittel für verschwendet. Die Frage, ob das wirklich noch nötig ist, ist berechtigt. Und die Antwort ist eindeutig: Ja.

Schuldspruch ist wichtiger als Strafhöhe

Eine wichtige Funktion des Strafrechts besteht darin, den Rechtsfrieden wieder herzustellen. Ein Urteil gegen den Täter nimmt den noch lebenden Opfern nicht das erlittene Leid, aber es gibt ein wenig Befriedigung. Der Schuldspruch ist dabei wichtiger als die Strafhöhe.

Seit mehr als zehn Jahren haben die Gerichte zudem erkannt, dass auch die kleinen Rädchen das Getriebe am Laufen gehalten haben. Ein Meilenstein der Rechtsprechung. Natürlich wäre es wünschenswert gewesen, schon kurz nach dem Krieg mehr Engagement in die Aufarbeitung zu investieren. Das wurde versäumt. Trotzdem ist es jetzt nicht zu spät dafür.