Das muss man sich erst mal leisten können – möglichst mit einem Urlaubsgeld vom Arbeitgeber. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Von der Urlaubsreise träumt in diesem Jahr fast jeder – doch nicht einmal jeder zweite Beschäftigte der Privatwirtschaft erhält auch ein Urlaubsgeld, um die schönsten Wochen im Jahr zu finanzieren.

Stuttgart - Urlaubsgeld hat im zweiten Coronajahr einen besonderen Wert: Für viele Arbeitnehmer dient es dazu, endlich rauszukommen und von der Pandemie Abstand zu gewinnen. Denn anders als im vorigen Jahr dürfte es 2021 vielfach wieder für eine Reise ausgegeben werden. Doch nicht einmal jeder zweite Beschäftigte in der Privatwirtschaft (genauer 46 Prozent) erhält ein Urlaubsgeld.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Online-Befragung von Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung betreut wird. Für die Analyse wurden die Angaben von gut 57 000 Beschäftigten von Mai 2020 bis Ende April 2021 ausgewertet.

Tarifbindung ist das wichtigste Kriterium

„Gerade im Niedriglohnsektor haben viele in Kurzarbeit teilweise empfindliche Einkommenseinbußen hinnehmen müssen“, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. „Wer da jetzt Urlaubsgeld bekommt, kann sich glücklich schätzen.“ Die Tarifbindung ist oft entscheidend für die Frage, ob ein Beschäftigter einen Reisezuschuss vom Arbeitgeber erhält, denn 73 Prozent der Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen der Privatwirtschaft profitieren davon – aber nur 35 Prozent in Firmen ohne Tarifvertrag.

Somit gibt es auch innerhalb Deutschlands ein Gefälle: Während im Westen 48 Prozent der Beschäftigten ein Urlaubsgeld erhalten, sind es im Osten nur 33 Prozent. Das hat mit der unterschiedlichen Tarifbindung zu tun: 45 Prozent der westdeutschen, aber nur 32 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten arbeiteten 2020 in einem Betrieb mit Branchentarifvertrag.

Männer profitieren öfter als Frauen

Die Wahrscheinlichkeit, Urlaubsgeld zu erhalten, steigt mit zunehmender Beschäftigtenzahl. Auch das Geschlecht spielt, statistisch gesehen, eine Rolle: 49 Prozent der Männer, aber nur 41 Prozent der Frauen sehen sich begünstigt – weil diese eher in Niedriglohnbranchen arbeiten, wo diese Leistung unüblich ist.

Die Höhe hängt von der Branche ab: Zwischen 155 und 2558 Euro bekommen Beschäftigte in der mittleren Vergütungsgruppe als tarifliches Urlaubsgeld, wie ein Vergleich von 22 Tarifbranchen zeigt. Am geringsten fällt es in der Landwirtschaft sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe aus. Relativ am besten stehen Arbeitnehmer in Holz- und Kunststoffverarbeitung, Metallindustrie, Chemieindustrie, Papier verarbeitender Industrie, Druckindustrie und Versicherungsgewerbe da.

Kein gesondertes Urlaubsgeld im öffentlichen Dienst

Im öffentlichen Dienst gibt es kein gesondertes tarifliches Urlaubsgeld. Es wird mit dem Weihnachtsgeld zu einer Jahressonderzahlung zusammengefasst. Bei der Deutschen Bahn wird es in das Jahrestabellenentgelt eingerechnet. Auch im Bankgewerbe und Teilen der Energiewirtschaft gibt es kein tarifliches Urlaubsgeld.

Wo es als bestimmter Prozentsatz der Tarifentgelte fixiert ist, wie im Einzelhandel, im Bauhauptgewerbe, im Kfz-Gewerbe oder in der Holz- und Kunststoff-Industrie, da ist es sogar trotz Corona gestiegen: immerhin in sieben der 22 Branchen.