Zig Millionen Weihnachtsmänner verlassen Jahr für Jahr die Gubor-Werke. Künftig ist das Geschäft verschmolzen mit der Colian-Gruppe. Foto: Rübezahl Schokoladen GmbH

Die Süßwarenhersteller Gubor aus Dettingen/Teck und Colian aus Opátowek schließen sich zusammen. Entlassungen soll es derzeit keine geben.

Wenn irgendwer irgendwo in Europa in eine sogenannte Schokoladen-Hohlfigur beißt, hat sie höchstwahrscheinlich einen schwäbischen Migrationshintergrund: Der Osterhase kommt aus Dettingen unter der Teck. Der Weihnachtsmann auch. Dort hat die Firma Gubor ihren Sitz, und die ist Marktführer für solch süße Saisonfiguren. Leider ist nicht immer Saison, und die allgemeine Kaufzurückhaltung verbittert einem Süßwarenhersteller das Geschäft. Zumal sie sich auch auf die für Gubor wichtige Private-Label-Belieferung, also die Produktion für andere Handelsmarken, auswirkt.

Schoko-Puffreis, Katzenzungen oder Fondant- und Geleekonfekt unter eigenen Markennamen wie Riegelein, Friedel oder Eichetti helfen offenbar nicht mehr mit der gewünschten Zuverlässigkeit übers Jahr. Wohl aber die Ganzjahressortimente der polnischen Firma Colian, mit der sich Gubor laut Pressemitteilung jetzt zusammenschließt. Das Familienunternehmen aus Opátowek im Zentrum Polens versteht sich unter anderem auf Kekse, Limonade, Schokolade und sogenannte Impulsprodukte, im Volksmund „Quengelware“ genannt, aber auch auf Nüsse und Gewürze. Eine wunderbare Ergänzung der eigenen süßen Produktpalette, findet man in Dettingen. Zumal Colian mit Aktivitäten auch im Bau- und Logistikgewerbe breiter aufgestellt ist, in Polen die Süßigkeitenszene dominiert und in Irland mit einem Zweigwerk zumindest kräftig mitzuckert.

Colian-Chef Jan Kolański (links) und sein Gubor-Kollege Claus Cersovsky wollen gemeinsam neue Süßwaren-Märkte erschließen. Foto: Gubor

Gubor-Pressesprecher Dieter Schäfer weist indes die Mutmaßung zurück, das Verschmelzen der beiden Schoko-Riesen sei wirtschaftlichem Druck geschuldet, unter dem das Dettinger Unternehmen stehe. Ende vergangenes Jahr versuchte Gubor zwar, über eine am Kapitalmarkt platzierte Unternehmensanleihe 60 Millionen Euro locker zu machen – was an mangelndem Investoreninteresse scheiterte. Doch Schäfer betont: „Wir waren zu jeder Zeit im ausreichenden Umfang finanziert. Wir wollten unsere Gesamtfinanzierung aber zukunftssicherer gestalten.“ Man habe „parallel verschiedene Optionen angeschaut“ und gleichzeitig Gespräche mit der Colian-Gruppe geführt. Laut „Handelsblatt“ trübte neben den Absatzproblemen vor allem die Verteuerung von Rohkakao die Gubor-Bilanz – trotz eines Sparkurses und zwei Werkschließungen in Sachsen und Tschechien.

Die Frage, ob die wie immer bei Fusionen beschworenen „Synergieeffekte“ Arbeitsplätze kosten, beantwortet Schäfer ausweichend: „Wir planen mit dem Zusammenschluss vor allem, weiter zu expandieren.“ Laut „Handelsblatt“ hat Gubor mitgeteilt, aktuell seien keine Entlassungen geplant.

Gubor hat derzeit 1700 Mitarbeiter in sechs Produktionsstätten (fünf in Deutschland, eine in Polen). Colian beschäftigt über 2500 Menschen in fünf polnischen Werken und einem irischen. Nach der Fusion der Familienunternehmen sind Produktionsverlagerungen geplant. Schäfer sagt, es seien „Kompetenzzentren“ vorgesehen, in denen „die Produktion bestimmter Produktgattungen an jeweils einem Standort gebündelt wird“ – auch um lange Transportwege zu vermeiden. Billiglohn-Einbahnstraßen gibt es ihm zufolge nicht: Es würden sowohl bisher an polnischen Standorten hergestellte Produkte an deutsche Standorte wechseln als auch umgekehrt. Allerdings sei das nicht bei allen Produkten möglich, da Gubor zum Beispiel keine Waffel-Anlagen habe und Colian keine zur Herstellung von Hohlfiguren.

Neuer Weihnachtsmann für Polen

Eine Vereinigung der Produktpaletten bezeichnet Schäfer als „Idealfall. Wo immer möglich, haben wir vor, die Sortimente zusammenzuführen.“ Colian sei stark in der Produktion von ganzjährigen Markenartikeln, Gubor bei saisonalen Private-Label-Produkten. Folglich geht es eher um Ergänzungen mit Grenzen bei der Vereinheitlichung der sehr unterschiedlichen Sortimente Märkte. Deshalb, so der Pressesprecher, sei man vor der Fusion auch in keinem Konkurrenzverhältnis zueinander gestanden. Künftig solle „ein Know-how- und Produkt-Transfer stattfinden. Aktuell planen wir zum Beispiel einen neuen Schokoladen-Weihnachtsmann, der unter einer in Polen sehr bekannten Colian-Marke explizit für den polnischen Markt hergestellt werden soll.“

Ein Ziel ist die gegenseitige Durchdringung der heimischen Märkte: „Wir wollen die sehr starke Position von Colian in Polen nutzen, um unsere Marken und Produkte den polnischen Handelsketten anzubieten.“ Umgekehrt sollen Colian-Produkte, bisher in Deutschland kaum vertreten, das hiesige Angebot erweitern: „Wer werden das Geschmacksprofil, sofern es notwendig ist, den entsprechenden Verbrauchererwartungen anpassen“, verspricht Schäfer. Derzeit habe Colian eine Exportquote von lediglich 20 Prozent, Gubor von 40 Prozent.

Schweigen zu den Besitzverhältnissen

Und wer hat nun wen geschluckt in der gleichberechtigt süßen Beziehung? Dazu schweigt sich der Pressesprecher aus: „Zu den genauen Besitzverhältnissen und den Vertragsangelegenheiten haben beide Parteien Stillschweigen vereinbart.“

Zwei Firmen, ein Süßigkeiten-Imperium

Gubor
 Mit dem Zusammenschluss der Familienunternehmen Gubor aus Dettingen unter Teck und Colian aus Polen entsteht ein europäischen Süßwarenimperium. Alleiniger Gubor-Gesellschafter ist die Familie Cersovsky. Gubor ist selbst ein Fusionsprodukt, entstanden 2019 aus dem Zusammenschluss der konkurrierenden Unternehmen Riegelein aus Bayern und Rübezahl, 1949 in Plochingen gegründet. Gubor exportiert heute mit sechs Produktionsstätten in 50 Länder.

Colian
 Colian wurde 1990 gegründet. Alleiniger Gesellschafter ist Jan Kolański. Die Firma exportiert in über 70 Länder. Die neue Gubor-Colian-Gruppe soll von Kolański und Gubor-Chef Claus Cersovsky gemeinsam geleitet werden.