Aktivisten kritisieren, dass die Uni Stuttgart ungleiche Maßstäbe ansetze: Im Februar wurde das SEK gerufen, um Baumbesetzer von einer alten Eiche auf dem Uni-Gelände zu holen. Zugleich gab es nun eine Veranstaltung mit Baumbesetzern aus Oberschwaben.
Auf den ersten Blick dürfte es schräg wirken: Einerseits ließ die Uni Stuttgart im Februar dieses Jahres das Spezialeinsatzkommando (SEK), Polizei und Feuerwehr kommen, um Baumbesetzer von einer alten Eiche auf dem eigenen Gelände hinunter zu holen. Andererseits gab es vor wenigen Tagen eine Veranstaltung in der Freiheitswerkstatt vom Internationalen Zentrum für Kultur- und Technikforschung (IZKT), welches auch zur Uni Stuttgart gehört. Und eben dort wurde ein Dokumentationsfilm über Baumbesetzer im Altdorfer Wald (Oberschwaben) gezeigt. Zwei dieser Aktivisten waren bei der Filmvorführung auch anwesend.
Robin Wood sieht „Widerspruch“
„Das ist ein großer Widerspruch“, sagt Eberhard Linckh, ein Stuttgarter Aktivist der Organisation Robin Wood. Er war bei der Baumbesetzung auf dem Gelände der Uni dabei, und er findet: Die Baumbesetzer im „Alti“, also dem Altdorfer Wald, machten das Gleiche wie seine Mitstreiter und er in Stuttgart: Bäume vor der Abholzung schützen. Samuel Bosch etwa, ein junger Aktivist aus Ravensburg, lebt seit drei Jahren im Altdorfer Wald. Damit protestiert er gegen die Pläne, dort eine weitere Kiesgrube zu erschließen.
Dass es im Februar zu der Baumbesetzung in Stuttgart kam, liegt an einem Neubauprojekt: Die Uni will ein Labor für Großraumrobotik in der Baufertigung aufstellen. Die Naturschützer kritisieren den Ort, der für diesen Neubau vorgesehen ist. Das waldähnliche Gelände liegt am Rande des Campus in Richtung Rotwildpark. Die Aktivisten verstehen nicht, warum man stattdessen nicht den bereits versiegelten, nahe gelegenen Parkplatz bebauen könne, um die „ökologisch wertvollen“, alten Bäume zu erhalten, hieß es im Februar von einer Sprecherin von Robin Wood.
„Kein konkreter Zusammenhang“, sagt Uni-Sprecher
Für den Sprecher der Uni Stuttgart besteht „kein konkreter Zusammenhang“ zwischen der Baumräumung im Februar und der Freiheitswerkstatt vor wenigen Tagen. „Das erste betrifft die Rechte der Universität als Bauherrin, das zweite ihre Wissenschaftsfreiheit und die ihrer Mitglieder“, sagt er.
„Dass bestehendes Baurecht für einen Forschungsneubau auf dem Universitätscampus mit rechtsstaatlichen Mitteln durchgesetzt wird, ist eine Selbstverständlichkeit“, führt er aus. Zugleich sei es selbstverständlich, dass die Mitglieder der Uni „frei forschen und dabei die Öffentlichkeit intensiv einbeziehen“.
Die Aktivisten von Robin Wood warten unterdessen noch auf die Herausgabe ihrer persönlichen Gegenstände, welche die Polizei im Februar konfisziert hatte. Nur ihre Mobiltelefone hätten sie am darauffolgenden Tag wieder bekommen, nicht aber Kletterequipment, Kleidungsstücke sowie Funkgeräte, sagt Eberhard Linckh. Zudem würden sie gerne wissen, ob die Uni Stuttgart eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet hat. Gegenüber unserer Redaktion will sich der Sprecher dazu nicht äußern.