Hightech auf Gummiraupen: der Agrarroboter Phoenix Foto: /Uni Hohenheim

Sein Name ist Phoenix, und er könnte die Landwirtschaft revolutionieren: Der Hightech-Agrarroboter der Uni Hohenheim kann mittels Künstlicher Intelligenz Äcker autonom bearbeiten – und war beim Digitalgipfel in Berlin auch für Kanzler Scholz ein Hingucker.

Auf den ersten Blick wirkt er unscheinbar. Doch der Agrarroboter Phoenix kann autonom Äcker bearbeiten und Streuobstwiesen pflegen – und noch viel mehr. Denn er ist vollgepackt mit Elektronik und Künstlicher Intelligenz. Hans W. Griepentrog, der Leiter des Fachgebiets für Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion an der Uni Hohenheim, hat Phoenix mit seinen Forscherteams zu einem digitalisierten Werkzeug entwickelt, das neue Maßstäbe in der Agrarwirtschaft setzen könnte. Das Potenzial dieser Maschine hat man offensichtlich auch in Berlin erkannt. Beim Digitalgipfel der Bundesregierung hatte Phoenix am Freitag einen eigenen Auftritt – vor Bundeskanzler Olaf Scholz. Und Griepentrog konnte dort sein wichtigstes Anliegen loswerden: „Wir wollen zeigen, dass die Agrarwissenschaft bei der Digitalisierung besonders innovativ voranschreitet.“ Es gehe darum, die zukünftige Landwirtschaft mit Umwelt- und Artenschutz zu versöhnen.

Roboter kann Unkraut von Kulturpflanzen unterscheiden

Auf den Versuchsfeldern der Uni Hohenheim habe man dem Roboter bereits beigebracht, den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln drastisch zu reduzieren. Denn, so Griepentrog: „Er kann durch seine intelligente Sensorik zwischen Kulturpflanzen und Unkraut unterscheiden und sehr präzise arbeiten.“ Dazu erfasse der Roboter Pflanzen mit Kamera- und Lasersensoren und werte die Daten mit Methoden der Künstlichen Intelligenz in Echtzeit aus. Der zentrale Punkt sei die mechanische Unkrautbekämpfung. Die Werkzeuge dafür befinden sich in seinem Heck. Die Hohenheimer haben zudem eine Anwendung entwickelt, bei der Phoenix Weißkohl pflanzen und pflegen kann – „das gibt es bisher noch nicht“, so der Professor. Denn statt mit einer Schar auf voller Länge den Boden aufzureißen, klappt der Roboter die Schar alle 60 Zentimeter auf und lässt durch ein Plexiglasrohr je einen Setzling genau in den offenen Boden fallen. So wird der Boden nur da geöffnet, wo nötig. Das spart Zugkraft beim Gerät und somit Energie.

Keine Bodenverdichtung, keine klimarelevanten Schadgase

Auch Einzelkornsaat von Getreide kann Phoenix. Natürlich autonom. Auch das sei neu. Das punktgenaue Zusammenwirken von Sensorik, Werkzeugen und Navigation hat Griepentrog mit seinem Team selber entwickelt, jedenfalls die Basisvariante. Vorteil des kleinen und mit 420 Kilo auch vergleichsweise leichten Landmaschinenroboters: „Wir fahren wesentlich langsamer als die großen Traktoren und dadurch können wir wesentlich präziser sein“, erklärt Griebentrog. „Dadurch werden die Arbeitskosten gesenkt, der Automatisierungseffekt ist da. Und so lösen wir auch das Problem der Bodenverdichtung, das große Maschinen haben.“ Ein weiterer Vorteil: „Wir verursachen keine klimarelevanten Schadgase.“ Denn die Gummiraupen von Phoenix werden elektrisch angetrieben. Die Energie produzierten die Landwirte über Photovoltaikanlagen und durch Verstromung von Biogas selber.

Das Multitalent kann auch Obstbaumschnitt – autonom

Doch der Roboter kann – mit dem richtigen Werkzeug ausgestattet – auch Obstbaumschnitt. Über KI-Methoden erkennt Phoenix den Pflegezustand von Streuobstbäumen und stellt fest, ob Pflege nötig ist oder nicht. Und wo. Und hat die Säge parat. Doch die Forscher haben noch mehr mit dem Multitalent vor. Neben einer Verbesserung der Unkrauterkennung soll Phoenix auch die sogenannte Unterfußdüngung beigebracht werden. Das sei insbesondere bei ausgetrockneten Böden nach längerer Trockenheit von Bedeutung. Denn der Roboter solle die Nährstoffe gezielt in statt nur auf den Boden bringen, während das Getreide schon steht. „Das ist was ganz Revolutionäres“, meint Griepentrog. Mit Mineraldünger ohne synthetisch-chemischen Pflanzenschutz könne man dann den Mittelweg in der Landwirtschaft beschreiten, zwischen Öko- und konventionellem Landbau.

Die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten des Roboters werden in mehreren Forschungsprojekten entwickelt. Das Forschungsgebiet „Landwirtschaft 4.0 ohne chemisch-synthetischen Pflanzenschutz“ läuft über 4,5 Jahre und noch bis Ende 2023 und wird vom Bundesforschungsministerium mit knapp 5,3 Millionen Euro gefördert, davon 4,5 Millionen Euro für die Uni Hohenheim. Sie koordiniert das Projekt und bearbeitet 16 Teilprojekte in 20 Fachgebieten. Die bodenschonende Weißkohlpflanzung erfolgt im Verbundprojekt „Digitale Wertschöpfungsketten für eine nachhaltige kleinstrukturierte Landwirtschaft“, die Uni Hohenheim wird dafür vom Bundesernährungs- und Landwirtschaftsministerium mit zwei Millionen Euro gefördert.