Die heute 53-jährige Jennifer Aniston hat sich mit ihrer Kinderlosigkeit arrangiert, sagt sie. Foto: dpa/Jordan Strauss

Die US-Schauspielerin Jennifer Aniston spricht über Versuche, schwanger zu werden – und damit vielen Frauen aus der Seele. Allein in Deutschland ist fast jedes zehnte Paar ungewollt kinderlos.

Hollywoodstar Jennifer Aniston hat in einem Interview zum ersten Mal über ihren unerfüllten Kinderwunsch gesprochen. In ihren Dreißigern und Vierzigern habe sie eine schwere Zeit durchgemacht, sagte sie im Gespräch für die Dezember-Ausgabe des Magazins „Allure“. „Ich habe versucht, schwanger zu werden. Es war ein schwieriger Weg für mich“, erzählte die 53-Jährige. „All die Jahre und Jahre und Jahre der Spekulationen – das war wirklich hart.“

Sie habe viel versucht – In-Vitro-Fertilisations-Behandlungen oder chinesische Tees getrunken. Doch es habe einfach nicht geklappt. „Ich hätte alles dafür gegeben, wenn jemand zu mir gesagt hätte: „Friere deine Eizellen ein. Tu dir selbst einen Gefallen.““ Daran habe sie aber nicht gedacht. „Also bin ich heute hier. Der Zug ist jetzt abgefahren.“

Aniston wurde vorgeworfen, selbstsüchtig zu sein

Mit ihrem öffentlichen Bekenntnis spricht Jennifer Aniston vielen Frauen aus der Seele: Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums stieg die sogenannte endgültige Kinderlosenquote – wie Experten den Anteil der kinderlosen Frauen an allen Frauen zwischen 45 und 49 Jahren nennen – zwischen 2008 und 2018 von 17 Prozent auf 21 Prozent. Frauen mit akademischen Bildungsabschluss, so heißt es in der bislang aktuellesten Untersuchung des Ministeriums, sind besonders oft kinderlos. „Sie warten oft viele Jahre vergeblich auf ein erstes Kind, leben dauerhaft im Spagat zwischen Kinderwunsch und kinderloser Wirklichkeit“, schreiben die Experten in der Studie „Ungewollte Kinderlosigkeit 2020“.

Auch Jennifer Aniston habe diese Zeit sehr zermürbt – insbesondere, weil seitens der Medien immer wieder darüber spekuliert worden ist, warum es bei der Schauspielerin mit dem Kinderkriegen einfach nicht klappen will: Lange habe sie die öffentliche Darstellung verletzt, dass sie selbstsüchtig und nur auf ihre Karriere fokussiert sei, erzählt Aniston, die zweimal verheiratet war: Von 2000 bis 2005 mit Brad Pitt und von 2015 bis 2017 mit Justin Theroux.

Böse Gerüchte haben Aniston verletzt

„Und Gott bewahre, dass eine Frau erfolgreich ist und kein Kind hat. Und der Grund, warum mein Mann mich verlassen hat, warum wir uns getrennt und unsere Ehe beendet haben, soll gewesen sein, dass ich ihm kein Kind schenken wollte. Das waren absolute Lügen“, sagte Aniston. Auch wegen der vielen unwahren Geschichten wolle sie die Wahrheit nun erzählen.

Aniston gehört damit zu den wenigen prominenten Vorreiterinnen, die mit dem Tabu brechen, das mit starken Minderwertigkeitsgefühlen behaftet ist: In Deutschland ist das Model und Influencerin Anna Adamyan, ehemals Anna Wilken, die sich schon mit Anfang 20 dazu entschieden hat, öffentlich über ihre ungewollte Kinderlosigkeit zu sprechen – hauptsächlich auf Instagram, aber auch in verschiedenen Büchern.

Die 26-Jährige findet, die Menschen seien bei dem Thema oft empathielos und unwissend. Man müsse sich die Frage anhören, wann sich der Nachwuchs ankündige. „Das ist unangemessen und verletzend – selbst wenn es gut gemeint ist“, wie sie unserer Zeitung erzählt hat.

Endometriose macht Frauen

Häufig gibt es schwerwiegende Gründe, warum es mit dem Kinderkriegen nicht klappen will. Bei Adamyan ist es eine chronische Erkrankung, die sie fast unfruchtbar macht. Sie leidet an Endometriose. Bis heute habe sie mehrere künstliche Befruchtungen hinter sich. Auch erlitt sie Fehlgeburten.

Um anderen Frauen den Weg zur Kinderwunschbehandlung zu erleichtern, hat Adamyan inzwischen zusammen mit einer Ärztin, die ebenfalls betroffen war, eine Petition startete, Titel: #KiwuFürAlle – für eine faire Kostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen. Innerhalb von 48 Stunden hatten sie 50 000 Unterschriften. Inzwischen sind es knapp 88 000.

Aniston hat sich mit ihrer Kinderlosigkeit arrangiert

Und doch vermag auch die heutige Medizin, insbesondere die Reproduktionsmedizin, nicht immer, den langersehnten Kinderwunsch zu erfüllen. Dann steht Paaren ein schwerer Abschied bevor – von Hoffnungen und Wünschen, von einem bestimmten Lebensentwurf, einem lange gepflegten Selbstbild. Die Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung pro familia rät dazu, sich in diesem Fall therapeutische Hilfe zu suchen, um gemeinsam neue Lebensperspektiven zu entwickeln: „Denn es gibt viele Möglichkeiten, das eigene Leben zu gestalten – ob mit oder ohne Kinder.“

Jennifer Aniston hat sich mit ihrer Kinderlosigkeit arrangiert: Sie bereue nichts, sagt die US-Schauspielerin. In der Zwischenzeit sei sie eher erleichtert. Sie müsse sich nicht mehr fragen, ob eine Schwangerschaft vielleicht doch möglich sei. „Ich muss nicht mehr darüber nachdenken.“

Hilfe bei ungewollter Kinderlosigkeit

Förderung
 Das Bundesfamilienministerium hat die Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ gestartet. Sie soll Kinderwunschpaaren eine bessere Aufklärung und ergänzende finanzielle Unterstützung ermöglichen. Außerdem soll das Angebot einer psychosozialen Beratung verbessert werden.

Infoportal
 Infos zur Bundesinitiative und eine Datenbank mit Suchfunktion nach einer Beratung in Wohnortnähe gibt es hier: informationsportal-kinderwunsch.de