Die Bernsteinschabe fühlt sich eigentlich in Wäldern und Parks wohl – doch abends lockt sie das Licht auch in die Wohnhäuser. Foto: scarlet61/Adobe Stock

Sie krabbeln wieder durch die Wohnungen und jagen den eigentlichen Bewohnern einen Schrecken ein: Hellbraune, fliegende Schaben, die große Ähnlichkeit mit Kakerlaken haben. Wir haben einen Experten gefragt, woher diese Insekten kommen und ob sie Schaden anrichten können.

Stuttgart - Jetzt krabbeln sie wieder: Hellbraune Insekten, die große Ähnlichkeit mit Kakerlaken haben, huschen durch die Wohnungen und fliegen davon, wenn man ihnen mit der Fliegenklatsche zu Leibe rücken will. Arnold Staniczek, Biologe und Abteilungsleiter der Entomologie am Stuttgarter Naturkundemuseum, kann aufklären: Bei den lästigen Tieren handelt es sich um die sogenannte Bernsteinschabe aus der Familie der Waldschaben, die im Gegensatz zur Deutschen Schabe und der Kakerlake keine Krankheiten übertragen kann – und deshalb völlig harmlos ist.

„Die Bernsteinschabe ist eigentlich eine mediterrane Schabe, die es erst in den letzten Jahren über die Alpen nach Süddeutschland geschafft hat“, sagt Staniczek. Inzwischen sind sie die am häufigsten auftretenden Schaben in Süddeutschland.

Schädliche Schaben sind lichtscheu

Die Bernsteinschabe unterscheidet sich von ihren äußerst unbeliebten Artgenossen Deutsche Schabe und Kakerlake durch ihre Optik, aber auch durch ihr Verhalten. Sie ist ein bis anderthalb Zentimeter groß, hat einen schlanken, bernsteinfarbenen Körper und Fühler, die etwa so lang sind wie ihr Körper. Die Beine haben Stachel, der Halsschild hat eine hellbraune Färbung und ist am Rand durchscheinend.

Während alle schädlichen Schaben äußerst lichtscheu sind und sofort in ein sicheres Versteck verschwinden, fühlt sich die Bernsteinschabe vom Licht angezogen. „Das ist auch der Grund, warum wir die Bernsteinschabe derzeit häufig abends in unseren Wohnungen finden“, erklärt Staniczek. Dabei fühle sich die Schabe eigentlich in Wäldern und Parks wohl. „In der Wohnung überleben sie nicht lange – und sie können sich dort auch nicht fortpflanzen“, beruhigt der Insekten-Experte. Denn die Krabbeltierchen ernähren sich hauptsächlich von verwesenden Pflanzenresten – die sie normalerweise nicht ausreichend in menschlichen Behausungen vorfinden.

Chemikalien helfen gegen Bernsteinschaben nicht

Wer die Wohnung dennoch nicht mit den harmlosen Schaben teilen möchte, dem empfiehlt Staniczek, sie mit einem Glas einzufangen und nach draußen zu transportieren. Damit die Tiere erst gar nicht ins Haus gelangen, sollte man einen Mückenschutz vor die Fenster spannen oder abends die Fenster geschlossen halten, wenn das Licht eingeschaltet ist. „Die Bekämpfung durch Chemikalien ist aber weder nötig, noch angebracht“, sagt Staniczek. An die harmlosen Schaben müssen sich die Süddeutschen ohnehin gewöhnen. „Sie haben es über die Alpen hierher geschafft und sie werden nicht mehr gehen“, ist sich der Experte sicher.

Weitaus beunruhigender findet Staniczek, dass sich immer wieder Kakerlaken in Stuttgart finden, die sich besonders in liegen gelassenem Müll wohlfühlen. Dafür hat er vor ein paar Jahren in Stuttgart-Feuerbach Bekanntschaft mit einer hierzulande ungewöhnlichen Schaben-Art gemacht: Dort hat sich eine Population der Totenkopfschabe angesiedelt, die sonst eher in Mexiko, Kuba oder der Dominikanischen Republik anzutreffen ist. Für ihr Auftreten hat Staniczek allerdings eine harmlose Erklärung: „Die Totenkopfschaben werden im Zoofachhandel als Futter für Terrarientiere angeboten – offenbar sind die Feuerbacher Schaben irgendwo ausgebüxt.“