Die korrekte Herzdruckmassage wird in Kursen an einer Puppe geübt. Foto: /Gaby Weiß

Jeder ist verpflichtet, bei einem Verkehrsunfall zu helfen. Dazu gehören die Alarmierung des Rettungsdienstes und die Absicherung der Unfallstelle. Aber auch lebensrettende Sofortmaßnahmen können nötig sein. Mitarbeiter des Roten Kreuzes erklären, was zu beachten ist.

Zur Ersten Hilfe ist man in Deutschland nicht nur moralisch, sondern auch gesetzlich verpflichtet. Und selbst wenn der letzte Erste-Hilfe-Kurs viele Jahre zurückliegt und man die lebensrettenden Sofortmaßnahmen nicht mehr im Detail parat hat, kann bei einem Verkehrsunfall jeder helfen, betont Celina Stutz, die Ausbildungsleiterin bei der Bereitschaft Wendlingen-Unterensingen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Sie rät zu den folgenden Maßnahmen: „Halten Sie an. Sichern Sie die Unfallstelle ab. Verschaffen Sie sich einen Überblick.“ Dann sollte der Rettungsdienst über die Notrufnummer 112 verständigt werden. Den Betroffenen sollte beruhigend zugeredet werden: „Ich bin da, Hilfe ist unterwegs.“ Wer seinen gesunden Menschenverstand einschalte, so die Fachfrau, mache in der Regel alles richtig.

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Kommt man selbst als Autofahrer zu einem Unfall dazu, geht die eigene Sicherheit immer vor, betont die Notfallsanitäterin: „Warnblinkanlage einschalten. Warnweste anziehen. Wenn möglich, nicht auf der Fahrbahn-, sondern auf der Beifahrerseite aussteigen.“ Dann sollte man keinesfalls dem ersten Impuls nachgeben und zu möglichen Verletzten hinlaufen, sondern zuallererst die Unfallstelle absichern. „Das Warndreieck auffalten, es gut sichtbar vor dem Körper halten und möglichst hinter der Leitplanke dem Verkehr entgegengehen“, rät Torsten Stutz, Bereitschaftsleiter beim DRK Wendlingen-Unterensingen. Auf der Autobahn sollte das Warndreieck mindestens 200 Meter oder vier Leitpfosten vor der Unfallstelle gut sichtbar auf dem Seitenstreifen aufgestellt werden.

Fahrzeuginsassen retten

Zurück am Unfallort gilt es, sich einen ersten Überblick zu verschaffen: „Wenn lebensrettende Sofortmaßnahmen notwendig sind, sollte man diese sofort einleiten“, erklärt Celina Stutz. Dazu gehört im Falle akuter Gefahr, die Fahrzeuginsassen aus dem Auto heraus an einen sicheren Ort zu retten. „Wenn es zum Beispiel aus dem Motorraum raucht. Autos explodieren zwar selten wie im Film, aber die Dämpfe sind hochgiftig“, so die Ausbildungsleiterin. Um festzustellen, ob die verunglückte Person bei Bewusstsein ist, sollte man sie laut und deutlich ansprechen, vielleicht auch vorsichtig an der Schulter rütteln. Ist der Betroffene nicht ansprechbar, atmet jedoch normal, muss er in die stabile Seitenlage gebracht werden.

Zu den lebensrettenden Sofortmaßnahmen gehört auch, eine sogenannte kritische Blutung – wenn Blut pulsierend austritt oder wenn sich bereits eine große Blutlache gebildet hat – durch einen Druckverband oder durch festes Drücken zu stoppen. „Wenn die Person nicht atmet, muss man sie auf den Rücken legen und mit der Reanimation beginnen“, erläutert Celina Stutz. „Knien Sie dazu seitlich in Höhe des Brustkorbes. Für die Herzdruckmassage den Brustkorb gedanklich dritteln und im unteren Drittel in der Mitte des Brustkorbes auf dem Brustbein, sechs bis sieben Zentimeter tief, kräftig und gleichmäßig drücken. Nach 30-maligem Drücken sollte man zweimal beatmen. Dazu den Kopf des Verletzten leicht überstrecken und entweder von Mund zu Mund oder von Mund zu Nase zwei normale Ausatemstöße geben. Diesen Rhythmus durchhalten“, so Celina Stutz.

Wissen immer wieder auffrischen

Erst wenn diese lebensrettenden Sofortmaßnahmen eingeleitet sind, soll der bundesweit einheitliche Notruf 112 gewählt werden. Mit einer Ausnahme: „Wenn ich ganz alleine an der Unfallstelle bin, muss ich zuerst den Notruf wählen und dann reanimieren, denn sonst kommt keine Hilfe“, erklärt Celina Stutz. Torsten Stutz ergänzt: „Man sollte melden, was passiert ist, wie viele Verletzte es gibt, ob womöglich ein Gefahrgut-Lastwagen beteiligt ist.“ Die erfahrenen Kollegen in der Notruf-Leitstelle wüssten, was zu tun sei. Sie würden diese Dinge ganz gezielt erfragen, damit die Rettungskräfte wissen, worauf sie sich einstellen müssen.“

Denn es sei völlig normal, dass Menschen in dieser Lage sehr aufgeregt sind: „Niemand weiß, wie er in einer Not- oder Gefahrensituation reagiert. Die Kollegen in der Einsatzzentrale sagen, was zu tun ist, bis die Rettungsdienste vor Ort eintreffen“, betont Celina Stutz. Wer als Ersthelfer glaubt, der Situation am Unfallort nicht gewachsen zu sein, für den hat sie einen wichtigen Tipp parat: „Senken Sie den Blick kurz, schnaufen Sie zehn Sekunden ruhig durch.“ Und sie rät dazu, andere Verkehrsteilnehmer anzuhalten: „Dann kann man die Aufgaben verteilen: Eine Person leitet die lebensrettenden Sofortmaßnahmen ein, eine sichert ab, einer verschafft sich den Überblick, einer setzt den Notruf ab.“ Eindringlich werben die ehrenamtlichen DRK-Mitarbeiter dafür, das Wissen in Erster Hilfe immer wieder aufzufrischen, sei es in einem Kurs oder über eine Erste-Hilfe-App, wie sie das Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen entwickelt haben: „Es geht dabei auch nicht nur um Verkehrsunfälle, die meisten Unfälle geschehen im Haushalt.“

Weitere Informationen online unter: www.drk.de