Foto: FGS/Flughafen Stuttgart - FGS/Flughafen Stuttgart

Der Flughafen Stuttgart hat die Hängepartie um die Kerosin-Pipeline beendet. Das Projekt wird vorerst auf Eis gelegt. Weil zu viele Eigentümer die Durchleitungsrechte verweigern, ist das Vorhaben gescheitert.

Leinfelden-Echterdingen (eli) Der Flughafen verfolgt die Pläne, eine Kerosin-Pipeline zu bauen, nicht weiter. Das hat der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am Dienstag beschlossen. Damit das Verfahren genehmigt wird, hätte die Flughafen Stuttgart GmbH (FSG) so genannte Durchleitungsrechte in allen Grundstücken entlang der geplanten Trasse gebraucht. „Viele Grundstückseigentümer waren dazu bereit, andere verweigerten ihre Zustimmung“, sagt Flughafendirektor Walter Schoefer. Er bedauert sehr, dass das Projekt nun vorerst auf Eis gelegt wird. Sollten sich die Rahmenbedingungen ändern, soll das Projekt neu geprüft werden. Spätestens nach fünf Jahren werde das Vorhaben neu beurteilt.

„Wir sind nach wie vor überzeugt, dass das Projekt sinnvoll und wünschenswert ist“, bedauerte Schoefer das Aus. Falls sich die Rahmenbedingungen änderten, wolle man den Ball aber wieder aufnehmen. Dass der Flughafen die Pläne nun fallen lässt, liegt nicht nur an den Kosten, die der Flughafenchef inzwischen auf 21 Millionen Euro beziffert; anfangs war man von 15 Millionen Euro Baukosten ausgegangen. Dazu kommen die jährlichen Betriebskosten, die ebenfalls beträchtlich seien. Von den rund 700 Grundstückseigentümern, mit denen der Flughafen wegen der Durchleitungsrechte verhandelt hat, haben 160 ihre Zustimmung verweigert. „Wenn ein beträchtlicher Teil der Eigentümer die Pläne ablehnt, können wir nicht bauen“, stellte Schoefer klar. Man habe alternative Streckenverläufe geprüft, aber auch da sei der Flughafen daran gescheitert, die Durchleitungsrechte zu bekommen. „Die landwirtschaftlichen Flächen wären weiter voll nutzbar“, sagt Schoefer. Davon habe man die betreffenden Landwirte aber nicht überzeugen können. „Da haben wir uns ein bisschen verhoben“, fügt der Flughafenchef mit einer Spur von Selbstkritik hinzu.

Keine Pläne, Tanklager zu schließen

Die Pipeline hat eine lange Vorgeschichte. Seit 2012 plant die FSG, das Kerosin-Tanklager des Flughafens an die durch Baden-Württemberg führende CEPS-Treibstoffleitung zwischen Kehl, Tübingen und Aalen anzuschließen. Derzeit wird das Tanklager am Rande des Vorfelds mit Lastzügen vom Plochinger Hafen aus beliefert. Der Flughafen hatte gehofft, durch den Anschluss an die Pipeline pro Jahr 7500 Gefahrguttransporte mit Treibstoff zwischen dem Tanklager Plochingen und dem Flughafen zu sparen. Das bedeutet eine Einsparung von rund 750 Tonnen Kohlendioxid, rechnete Schoefer vor. Außerdem wären weitere Gefahrguttransporte weg von der Straße. „Die Versorgungssicherheit für den Flughafen bleibt auch ohne die Pipeline gewährleistet“, sagt Schoefer. Denn Pläne, das Tanklager am Neckarhafen zu schließen, gebe es nach seiner Kenntnis „auf absehbare Zeit“ nicht mehr. 280 000 Kubikmeter Kerosin werden am Flughafen Stuttgart pro Jahr verbraucht.

Zunächst war die Kerosin-Pipeline auch am Widerstand der Gemeinde Unterensingen gescheitert. Mehrheitlich hatten sich die Kommunalpolitiker dafür ausgesprochen, die vom Flughafen im Raumordnungsverfahren, das 2015 eingeleitet wurde, favorisierte Trasse ab Oberboihingen bei Wendlingen entlang der Autobahn nicht zu unterstützen. Was den technischen Aspekt und die Umweltverträglichkeit angeht, hätte diese Variante nach Schoefers Worten die beste Bilanz. Diese Trasse lag nach Ansicht der Kommunalpolitiker jedoch zu nah an den Wohngebieten der Gemeinde. Lange sah es so aus, dass die Unterensinger aber doch einen Kompromiss mit dem Flughafen finden. Die alternative Trasse aber hätte ein Naturschutzgebiet tangiert.

Die Option, den Bau der Kerosinleitung über ein Pipeline-Beschleunigungsgesetz zu forcieren, wie es im Jahr 2010 bei der Ethylen-Pipeline Süd (EPS) angewendet wurde, gab es bei der Kerosinleitung nicht. Ethylen lässt sich nicht mit Lastwagen über der Straße transportieren. Deshalb gibt es da keine Alternative. Gegner hatten dagegen geklagt, dass Eigentümer gezwungen wurden, die Durchleitungsrechte zu gewähren. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2017 nach fast sieben Jahren juristischer Auseinandersetzungen aber entschieden, dass die Enteignungen rechtens sind. Da sich Kerosin problemlos mit Lastwagen befördern lässt, sind Enteignungen in diesem Fall nicht möglich.

Wie viel der Flughafen durch den jahrelangen Prozess an Geld verloren hat, kommunizierte Schoefer nicht. Die Planungskosten teilen sich der Flughafen und die Oiltanking GmbH zu jeweils 50 Prozent. Nach dem jahrelangen Kampf werde man sich nun anderen Projekten zuwenden, sagt der Flughafenchef. Er sieht auf Seiten der Grundstückseigentümer keine Bereitschaft mehr, doch noch einzulenken. Andere Flughäfen werden ebenfalls über Pipelines beliefert. Der Großflughafen in Frankfurt hat drei Kerosin-Leitungen.

Einen Kommentar von Autorin Elisabeth Maier gibt es hier: Konsequente Entscheidung.