Die mit gelben Planen eingepackten Autos sorgen für heftige Debatten. Foto: /Team Hey David

Die SSB-Kampagne mit eingepackten Autos schlägt hohe Wellen. Der frühere EU-Kommissar Günther Oettinger nennt die Aktion „widerwärtig“. Der SSB-Vorstandssprecher Thomas Moser distanziert sich von seiner eigenen Agentur.

Da ist dem CDU-Politiker der Kragen geplatzt. Günther Oettinger, der frühere EU-Kommissar und Ministerpräsident von Baden-Württemberg, nennt die Werbeaktion „widerwärtig“, mit der die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) Autofahrer davon überzeugen will, auf Bus und Bahn umzusteigen. Quer durch die Stadt hat die Agentur Hey David in einer „Guerilla-Aktion“, wie sie es nennt, Autos mit gelben Planen eingepackt, auf denen drei verschiedene Sprüche zu lesen sind.

„Unter dieser Plane steckt ein Auslaufmodell“, steht da zum Beispiel drauf. Für Oettinger hört damit der Spaß auf. „Wenn man in einer Stadt, die von der Autoindustrie lebt und dieser viele Arbeitsplätze verdankt, das Auto generell zum Auslaufmodell erklärt, ist dies eine Unverschämtheit sondersgleichen“, klagt der frühere Ministerpräsident gegenüber unserer Redaktion.

Oettinger kritisiert SSB-Vorstand und Aufsichtsratschef Nopper

Dass die Agentur erklärt hat, sie sei zu „weiteren Schandtaten“ bereit, um eine öffentliche Diskussion zu entfachen, will Günther Oettinger nicht hinnehmen. Er fordert den SSB-Vorstand, aber auch OB Frank Nopper (CDU), den Aufsichtsratsvorsitzenden der SSB, dazu auf, die Werbeaktion umgehend zu beenden, mit der das Auto verteufelt werde. Wenn SSB-Vorstandsmitglieder die Ideen der jungen Werbeagentur gut fänden, seien sie „fehl am Platz“, erklärt der frühere EU-Kommissar.

Nach dem Bericht unserer Zeitung hat sich der SSB-Vorstandsvorsitzende Thomas Moser am späten Dienstagnachmittag von der eigenen Agentur Hey David zum Teil distanziert. Dass deren Geschäftsführer auf unsere Anfrage von einer „Guerilla-Aktion“ im Zusammenhang mit den verpackten Autos sprach und die Agentur die Kampagne auch in einer Presseerklärung so nannte, sei nicht mit ihm abgesprochen gewesen, klagt der Chef. „Solche Guerilla-Aktionen entsprechen nicht dem Stil der SSB“, versichert Moser, „so schafft man keine Sympathien für den Nahverkehr.“ Der Vorstandssprecher bedauere sehr, „dass es zu solchen Irritationen überhaupt gekommen ist“. Für das Verhalten der Agentur habe er „keinerlei Verständnis“.

Weitere Fotoproduktionen dieser Art soll es nicht geben

Das Fotoshooting mit den verhüllten Autos habe bereits im Februar sowie Anfang März im öffentlichen Raum der Stadt Stuttgart stattgefunden – aber nur mit Agenturautos. „Zu keinem Zeitpunkt wurden fremde Autos mit den gelben Planen verhüllt“, versichert Moser. Weitere Fotoproduktionen dieser Art werde es nicht geben.

„Wir werben für den ÖPNV, für bessere Luft, für weniger Mobilitätsfrust und die Verkehrswende in Stuttgart“, erklärt der SSB-Chef. Dabei gehe es seinem Unternehmen darum, „verschiedene Verkehrsmittel clever, individuell und unkompliziert zu verbinden“. Niemals sei es Ziel der SSB gewesen, „in unserer Werbung, den Individualverkehr zu geißeln oder Autos aus der Stadt Stuttgart zu verbannen“.

SSB-Marketingabteilung gab grünes Licht für die Sprüche

Auf den beiden anderen Planen stand: „Park Dein Geld lieber woanders.“ Und: „Das Parkzeitalter ist abgelaufen.“ Die Sprüche waren von der SSB genehmigt, wie Birte Schaper, die Sprecherin des Unternehmens, am Abend uns bestätigt hat. Es sei aber nicht der Chef Thomas Moser gewesen, der grünes Licht gegeben habe, sondern die „Marketingabteilung der SSB“.