Ein Intensivpfleger arbeitet auf einer Intensivstation des RKH Klinikum Ludwigsburg an einem Covid-19-Patient. Impfdebakel, Lockdown und Sorge vor Ansteckung: Die Stimmung der Bundesbürger in der Corona-Pandemie droht nach der Langzeit-Umfrage „Die Ängste der Deutschen“ zu kippen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Seit dem Frühjahr 2020 hat die Corona-Pandemie Deutschland und die Welt fest im Griff. Eine aktuelle Umfrage zeigt: Das Vertrauen der Deutschen in das Krisen-Management der Regierenden sinkt. Die Furcht vor einem Kontrollverlust steigt.

Berlin - Die Stimmung der Bundesbürger in der Corona-Pandemie droht nach der Langzeit-Umfrage „Die Ängste der Deutschen“ zu kippen. So sieht inzwischen rund die Hälfte der Befragten die Politiker von ihren Aufgaben überfordert (54 Prozent).

Das ist bisher der höchste Wert in der Pandemie. Im Sommer urteilten 40 Prozent der Interviewten so, im ersten Lockdown im April 2020 waren es 46 Prozent, wie es in der Studie heißt, die am Donnerstagvormittag veröffentlicht werden sollte.

Die Umfrage „Die Ängste der Deutschen“ wird seit fast 30 Jahren regelmäßig von der R+V-Versicherung in Auftrag gegeben und gilt als Seismograph der Befindlichkeiten rund um Politik, Wirtschaft, Familie und Gesundheit. Zuletzt wurden am 25. und 26. Januar rund 1000 Erwachsene zwischen 16 und 75 Jahren von Meinungsforschern für einen Zwischenstand befragt.

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Vertrauen in der Bevölkerung lässt nach

Für Manfred Schmidt, Politologe an der Universität Heidelberg, spiegelt sich in den wachsenden Sorgen der Bundesbürger in der Pandemie keine diffuse „German Angst“. „Da ist etwas gekippt. Die Sache ist enger geworden für die Politik.“ Für den Wissenschaftler zeigt das neue Umfrage-Ergebnis nachlassendes Vertrauen.

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Als mögliche Ursachen sieht Schmidt unter anderem den langen Lockdown und die laufende Impfstoffdiskussion. Aus Sicht des Politologen war es zum Beispiel ein grundlegender Fehler, beim die Impfstoffbeschaffung auf EU-Ebene zu verlagern. Nationale Strategien seien besser aufgegangen. Er vermisse auf politischer Ebene das klare Eingestehen von Fehlern, aus denen sich lernen lasse, sagte Schmidt.

Geht das Leben schlecht aus?

In einer Gesellschaft wie der deutschen, die im internationalen Vergleich zu den politisch und wirtschaftlich stabilsten gehört, sei die Angst vor allem narzisstischer Natur, erklärt der Münchner Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer. Sie äußere sich vor allem als Angst vor dem Verlust des mühsam Erreichten. „Es ist evident: Je mehr eine Gesellschaft oder ein Individuum besitzt, desto größer ist auch die Angst, es zu verlieren.“

Jedem denkenden Menschen müsse doch klar sein, dass das Leben schlecht ausgeht“, meint Schmidbauer. „Erst werden wir älter, dann kränker, verlieren liebe Menschen, und am Schluss sterben wir selber.“

„Unsere größte Angst“

Das folgende Zitat stammt aus dem US-Filmdrama „Coach Carter“ aus dem Jahr 2005. In ihm spielt Samuel L. Jackson den Basketball-Trainer Ken Carter, der als Trainer an der Richmond Highschool beginnt, das Basketballteam der Schule zu coachen. Das Originalzitat stammt aus dem Gedicht „Our Deepest Fear“ der US-Bestsellerautorin Marianne Williamson.