In vielen Kliniken Baden-Württembergs leiden die Ärzte an Überbelastung. (Symbolbild) Foto: dpa/Felix Kästle

Jeder zweite Arzt befürchtet eine Gefährdung der Patienten in seiner Klinik. Das komme jede Woche vor. Der Grund: Die Klinikärzte des Landes sind völlig überarbeitet. Doch die Umfrage offenbart noch schlimmere Zustände.

Stuttgart - Weil Klinikärzte in Baden-Württemberg überlastet sind, kommt es einer Umfrage zufolge immer öfter zur Gefährdung von Patienten. Mehr als 65 Prozent der Klinikärzte gaben in der am Mittwoch veröffentlichen Befragung des Marburger Bunds an, dass die Patientensicherheit an ihren Arbeitsplätzen durch Arbeitszeit-Verstöße mehrmals im Monat gefährdet sei. Fast die Hälfte (46 Prozent) der Befragten erklärte, dass das in ihren Kliniken mindestens einmal die Woche der Fall sei - mehr als jeder Zehnte (11,4 Prozent) sprach von täglicher Gefährdung.

Knapp zwei Drittel (63,4 Prozent) der Mediziner erklärten, dass in der Regel nicht genügend Zeit für die Patienten da sei. Eine ständige Überziehung von Arbeitszeiten könne nicht länger hingenommen werden, sagte der Landeschef des Marburger Bunds, Frank Reuther. „Es besteht gerade mit Blick auf die Corona-Pandemie dringender Handlungsbedarf, dass sich hier zum Wohle der Patienten etwas ändert.“ Die Ärzte-Gewerkschaft warnt immer wieder vor einer Überlastung von Krankenhaus-Medizinern. Sie fordert eine konsequente Kontrolle der Arbeitszeiten.

51 Stunden Arbeit pro Woche sind üblich

Knapp zwei Drittel (64,7 Prozent) der befragten Vollzeit-Ärzte gab an, mindestens 51 Stunden pro Woche zu arbeiten. 18,5 Prozent sprach von mehr als 60 Stunden. Nur ein Bruchteil von 2,8 Prozent erklärte, die Arbeitszeit nicht zu überziehen und nicht mehr 40 Stunden die Woche im Dienst zu sein.

Von der baden-württembergischen Krankenhausgesellschaft hieß es, dass im Jahr 2018 mit rund 23 600 Medizinern so viele wie nie zuvor in den Kliniken gearbeitet hätten. „Jeder Arzt behandelt mittlerweile gut 11 Prozent weniger Patienten als zehn Jahre zuvor“, sagte Hauptgeschäftsführer Matthias Einwag. Während 2008 noch 123 Patienten von einem Mediziner versorgt wurden, seien es 2018 nur noch 109 gewesen. Man würde gerne mehr Ärzte einstellen, das gebe der Arbeitsmarkt aber nicht her. Zur Entlastung forderte die Krankenhausgesellschaft weniger Bürokratie.

Der Marburger Bund im Südwesten vertritt politisch und gewerkschaftlich die Interessen von Ärzten und gehört mit mehr als 18 000 organisierten Medizinern zu den mitgliederstärksten Landesverbänden.