Am Brunnen im Waldheim Möhringen mündet das Händewaschen manchmal in eine Wasserschlacht. Foto: Alexandra Kratz

In den Stuttgarter Waldheimen sind derzeit auch viele Mädchen und Jungen, die mit ihren Familien vor dem russischen Angriffskrieg geflohen sind. Für die Betreuer ist das eine Herausforderung – die sie gerne meistern.

Inklusion und Integration haben in den Stuttgarter Waldheimen eine lange Tradition. „Wir hatten schon immer Kinder aus unterschiedlichen sozialen und familiären Strukturen und auch Kinder, die einen besonderen Betreuungsbedarf haben. Es ist ein Spiegel der Gesellschaft“, sagt Ulrike Brand, die Leiterin des evangelischen Waldheims in Möhringen. Die Betreuung der ukrainischen Kinder sei aber freilich eine Herausforderung. Derzeit kommen 27 der 170 Waldheimkinder aus Familien, die wegen des russischen Angriffskriegs geflüchtet sind. Im ersten Waldheimabschnitt waren es 22, in der Projektwoche 20 Mädchen und Jungen.

Das größte Problem ist die Verständigung. Doch zum Glück hat Ulrike Brand einige Mitarbeitende, die russisch oder ukrainisch können. Oleg Kovaletov spricht beide Sprachen. Der 17-Jährige kam mit acht Jahren nach Deutschland. Seit er 15 ist, engagiert er sich im Waldheim und ist einer der vielen ehrenamtlichen Betreuer, die Jahr für Jahr Zeit und Energie in dieses Angebot investieren.

Kinder malen Bilder, die das Erlebte zeigen

Für viele der ukrainischen Kinder ist er zu einer Vertrauensperson geworden. Manchmal kommen sie gleich morgens auf ihn zu und erzählen ihm von ihren Problemen. Und wann immer es ein Verständigungsproblem gibt zwischen einem ukrainischen Kind und einem Betreuer, ist er zur Stelle. So auch in diesem Moment, als das Mädchen mit dem geflochtenen Zopf und der Brille ihm erklärt, dass sie nicht mit ihrer Gruppe in den Wald sondern lieber malen wolle. Oleg Kovaletov dolmetscht, und Ulrike Brand nickt. „Wir können nicht immer jeden Wunsch erfüllen, aber wenn es so unkompliziert ist, dann machen wir das. Wir hinterfragen auch nicht, warum sie nicht in dem Wald möchte“, sagt die Waldheimleiterin.

Jedes Kind habe seine Geschichte. „Manche haben Bilder gemalt, die gezeigt haben, was sie erlebt haben“, sagt Ulrike Brand. Die Betreuerinnen und Betreuer müssten sensibel sein. Für die Mitarbeitenden sei das nicht immer einfach. Denn in aller Regel seien es Ehrenamtliche, die keine entsprechende Ausbildung hätten, sondern ältere Schüler und Studenten oder in anderen Berufsfeldern tätig seien. Sie habe im Vorfeld mit ihrem Team darüber gesprochen. Darum gebe es auch keine Aktionen, bei denen es laut knallt oder Spiele mit Überfall-Charakter.

Ukrainische Frauen engagieren sich im Waldheim

In einigen Waldheimen, nicht aber in Möhringen, engagieren sich ukrainische Frauen in der Betreuung und vor allem in den Waldheimküchen. „Geflüchteten Menschen bietet sich in den Ferienwaldheimen eine gute Gelegenheit, die deutsche Kultur, die Koch- und Essgepflogenheiten und die deutsche Sprache näher kennenzulernen“, so Anja Stark von der Arbeitsgemeinschaft Evangelische Ferien- und Waldheime in Württemberg.

Im Möhringen haben Oleg Kovaletov und andere Betreuer den ukrainischen Kindern am Anfang erst einmal in ihrer Sprache erklärt, was Waldheim ist und welche Regeln gelten. Inzwischen haben sich alle eingelebt. Am meisten Spaß machen ihnen die Spiele, sagen zwei ukrainischen Jungen. Und sie mögen das Essen im Waldheim, vor allem die Nutella-Brötchen zum Frühstück. Was ihnen nicht so gefalle, seien die Mittagspausen, wenn es auf dem Gelände etwas ruhiger sein soll. Diese Zeiten seien zu lang und zu langweilig. „Das gleiche sagen auch viele andere Kinder“, sagt eine Betreuerin und lacht. Ukrainische und deutsche Kinder haben also einiges gemeinsam.