Stuttgart (lsw) - Das Land Baden-Württemberg ist mit seiner Klage auf Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises für den umstrittenen EnBW-Deal gegen den französischen Energiekonzern EDF gescheitert. Dies habe überraschend das internationale Schiedsgericht ICC entschieden, wie das Finanzministerium gestern in Stuttgart mitteilte.
Das Land hatte 840 Millionen Euro gefordert, weil seiner Ansicht nach der Kaufpreis für die Anteile an dem Energieversorger EnBW zu hoch gewesen war.
Die Entscheidung des Schiedsgerichts sei nicht einstimmig gefallen, teilte das Ministerium mit. Der ehemalige Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hatte die EnBW-Anteile in einer Nacht- und Nebelaktion im Dezember 2010 von der EDF zurückgekauft. Der Staatsgerichtshof bezeichnete das Geschäft später als verfassungswidrig, da es damals am Landtag vorbeiging. Das Land bezahlte einst 4,7 Milliarden Euro. Der Kaufpreis war nach Auffassung der ehemaligen grün-roten Landesregierung deutlich überhöht. Sie reichte 2012 Klage wegen der Höhe des Kaufpreises ein. Die Summe sei damals nicht mittels anerkannter Standards ermittelt worden, hieß es zur Begründung.
Der Grünen-Politiker Uli Sckerl kritisierte die Entscheidung des Schiedsgerichts: „Wer bisher schon Zweifel an der Rechtsfindung durch geheime Schiedsgerichte hatte, sieht diese bestätigt.“ Heute hätten die baden-württembergischen Steuerzahler das Nachsehen. Das sei keine gute Nachricht. Das Schiedsverfahren hat das Land mehr als 9,5 Millionen Euro gekostet.
Schmid: Knappe Niederlage
Dagegen nahm Ex-Regierungschef Mappus (CDU) die Entscheidung mit Genugtuung auf. „Jetzt ist die Riesen-Show, die Grün-Rot einst begonnen hat, endgültig zu Ende“, sagte Mappus. Die Klage sei „politisch motiviert, aber sachlich unbegründet“ gewesen. „Welch ein Zufall, dass nun am ersten Tag der grün-schwarzen Regierung dieses Thema abgeräumt wird.“ Bei der Landtagswahl am 13. März hatte Grün-Rot die Mehrheit verloren.
Die neue Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) sagte, die Entscheidung des Schiedsgerichts sei am Mittwochabend ergangen. „Es ist an meinem ersten Arbeitstag zu früh, über Details oder die weitere Vorgehensweise des Landes zu sprechen“, sagte Sitzmann. Sie ist seit Donnerstag als Finanzministerin der grün-schwarze Landesregierung im Amt. Das Verfahren hatte ihr Vorgänger Nils Schmid (SPD) in die Wege geleitet. Im SWR-Fernsehen sprach der Ex-Minister von einer „knappen Niederlage“ des Landes vor dem Schiedsgericht. Er betonte, dass mehrere Gutachten bestätigt hätten, dass das Land zu viel Geld bezahlt habe für die Anteile. Mappus habe das Land „geschädigt“. Er sei es auch gewesen, der in dem Kaufvertrag ein ordentliches Gerichtsverfahren habe ausschließen lassen. Das Land musste deshalb ein Schiedsgericht anrufen. EDF bestätigte in Paris den Richterspruch. Der Staatskonzern erhält als beklagte Partei vier Millionen Euro vom Land.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte, die damalige grün-rote Landesregierung habe das negative Ergebnis offenkundig mutwillig über den Wahltag hinaus verschleppt, um es jetzt treuherzig zu verkünden.
Der EnBW-Deal
Der Kauf der EnBW-Aktien durch das Land am 6. Dezember 2010 hat Politik und Justiz beschäftigt - und tut dies heute noch.
Der damalige Regierungschef Stefan Mappus (CDU) überweist 4,67 Milliarden Euro für den Deal an den französischen Energiekonzern EDF.
Die Opposition aus SPD und Grünen sieht das Haushaltsrecht des Landtags verletzt und klagt - mit Erfolg.
Im Oktober 2011 erklärt der Staatsgerichtshof das Geschäft für verfassungswidrig. Die Mappus-Regierung hätte es nicht am Landtag vorbei abwickeln dürfen.
Mappus wirft seinen Beratern vor, ihn falsch beraten zu haben.
Im Landtag wird ein Untersuchungsausschuss eingerichtet. Am 21. Dezember 2011 kommt dieser erstmals zusammen. Im Juni 2014 schließt er seine Arbeit ab - mit widersprüchlichen Erkenntnissen zur Frage, ob der Kaufpreis angemessen oder überhöht war.
Bereits 2012 reichte die grün-rote Landesregierung Klage beim Schiedsgerichtshof an, um den französischen Versorger EDF zur Rückzahlung von 834 Millionen Euro zu bewegen.
Im Mai wird bekannt, dass das internationale Schiedsgericht ICC die Klage des Landes abgewiesen hat.