Maxim (Franz Pätzold, l.) und Sylvie (Laura de Boer) setzen Finn (Jeremias Meyer) nach einem Unfall wieder ab. Foto: ZDF/Barbara Bauriedl

In „Winterherz – Tod in einer kalten Nacht“ im ZDF führen kleine Schritte ins große Unglück. Scheinbar harmlose falsche Entscheidungen addieren sich zu einem Verkehrsunfall. Nach der Fahrerflucht beginnt das Drama.

Stuttgart - Es ist ein netter Abend in der Provinzdisco: keine Stressmacher, keine Schläger, keine Dealer weit und breit. Also kann ein 17-Jähriger wie Finn Gattner (Jeremias Meyer) auch gut auf sich selbst aufpassen, oder? Ganz so leicht hat es Finn aber nicht. Sein älterer Bruder Mike (Anton Spieker), ein Polizist, ist mit ihm hier. Und als der sieht, wie besoffen der fröhliche Finn mittlerweile ist, verkündet er das vorläufige Partyende, es soll ja nichts passieren.

Aber so fürsorglich, dass er immer in der Nähe des Zugedröhnten bliebe, wie er es den Eltern versprochen hat, ist er nun doch nicht. Mike ist mit einem Mädchen hier, er sieht noch ein Stück Abend mit deutlich weniger Textilien vor sich, und so drückt er Finn bloß Geld fürs Taxi in die Hand. Der aber kapiert das vielleicht gar nicht richtig, jedenfalls wankt er bald selig grinsend die nächtliche Straße durch den Wald entlang.

Netter Abend mit Todesfolge

So tragen in Johannes Fabricks TV-Film „Winterherz – Tod in einer kalten Nacht“ alle ein bisschen Schuld an dem, was passieren wird: Ein Auto wird Finn anfahren. Der hätte nicht so viel trinken, hätte ein Taxi nehmen, hätte jedenfalls nicht nachts in dunklen Klamotten auf einer unbeleuchteten Straße herumtaumeln sollen. Mike hätte nie zulassen dürfen, dass es so weit kommt. Auch Mikes Freundin hätte da Einspruch einlegen können. Und Maxim Vollert (Franz Pätzold), der Finn anfährt, kommt mit seiner Frau Sylvie (Laura de Boer) von einer Familienfeier. Beide haben getrunken, aber das Auto nicht stehen lassen. Maxim, Spross einer Juristenfamilie, ist gerade zum Richter ernannt worden, da darf man das Glas doch mal heben? Es ist für alle so ein netter, so ein normaler Abend.

Und so geht es hier nach dem stets schlichten, aber funktionierenden Drehbuch von Susanne Schneider weiter mit den kleinen Schritten in die große Ungeheuerlichkeit. Finn kann nach dem Unfall mit Hilfe aufstehen, hat keine Brüche, keine Schrammen im Gesicht und ist viel zu voll, um sich zu beschweren. Das ist Maxim nur recht, der will kein Krankenhaus, keine Polizei, keinen Alkoholtest, keinen Karriereknick. Sylvie protestiert, aber eben nicht nachhaltig genug. Der umnebelte Finn wird ins Auto gepackt und in der eiskalten Winternacht an der nächsten Bushaltestelle abgesetzt.

Extreme Situationen

Am nächsten Morgen ist er tot. Irgendwann hat er seinen Bruder noch einmal angerufen und um Hilfe gebeten, aber der hatte gerade Sex und hat nicht abgenommen. Nun fallen Familien auseinander, kehren sich neue Charakterzüge hervor, werden andere Schuldige gesucht. Schließlich wird Rache geplant.

Der Regisseur Johannes Fabrick („Der letzte schöne Tag“, „Stumme Schreie“) beobachtet meist Menschen in Extremsituationen. Diesmal wählt er eine Krimisituation, die kein Krimi mit erleichternder Aufklärung wird. Denn wir wissen ja von Anfang an: Alle sind schuldig.

Ausstrahlung: ZDF, Montag, 2. Dezember 2019, 20.15 Uhr. Bereits jetzt in der Mediathek abrufbar.