Seyneb Saleh und Yousef Sweid in „Munich Games“ Foto: Amusement Park Film/Sky Studios

Die Miniserie „Munich Games“ spielt 50 Jahre nach dem Terroranschlag bei den Olympischen Spielen in München im Jahr 1972. Und die Sky-Originalproduktion stellt die Frage, ob so etwas heute wieder passieren können.

Beide deutsche Staaten sind auf den Ruinen einer braunen Vergangenheit errichtet worden. Trotzdem waren sie lange auf dem rechten Auge blind. Was es für die Nachkommen von Holocaustüberlebenden bedeuten muss, wenn sie erfahren, dass sie sich mancherorts besser nicht als Jude zu erkennen geben, lässt sich nur erahnen.

Vordergründig erzählt die sechsteilige Sky-Serie „Munich Games“ jedoch eine ganz andere Geschichte: Vor fünfzig Jahren, am 5. September 1972, hat ein palästinensisches Terrorkommando während der Olympischen Spiele in München elf Mitglieder der israelischen Delegation ermordet. Im Gedenken an dieses Ereignis soll es im Olympiastadion zu einem Fußball-Freundschaftsspiel zwischen einer Münchener Mannschaft und einem Club aus Tel Aviv kommen. Wenige Tage vor der Partie entdeckt der Mossad-IT-Spezialist Oren Simon (Yousef Sweid) in einem arabischen Forum ein billig gemachtes Ego-Shooter-Video. Es zeigt die Ermordung des Gästeteams.

Großes Thrillerpotenzial

Hauptfigur der Serie ist LKA-Kommissarin Maria Köhler (Seyneb Saleh), die dank ihrer libanesischen Wurzeln Arabisch spricht. Sie hat einen Spitzel in der muslimischen Flüchtlingsszene, aber Monir (Roger Azar) versorgt sie nicht nur mit Informationen; dass die beiden eine Affäre haben, bestärkt Simon in seinem Misstrauen gegenüber den deutschen Behörden. Ähnliche Spannungen prägen das Mit- und Gegeneinander von LKA, BKA, BND und Verfassungsschutz.

Diese Gemengelage birgt selbstredend ein beträchtliches Thrillerpotenzial. In den ersten Folgen resultiert die Spannung jedoch vor allem aus der Gewissheit, dass etwas passieren wird. Die Israelin Michal Avriam und ihr Co-Autor Martin Behnke haben großen Wert darauf gelegt, den verschiedenen Kulturen gerecht zu werden. Für ein an synchronisierte Filme und Serien gewöhntes Publikum sind die vielen Untertitel zwar mühsam, doch für die Authentizität ist es sehr wichtig, dass die Araber Arabisch und die Israelis Hebräisch sprechen. Maria ist das Bindeglied zwischen den Ebenen: Mit Simon muss sie zusammenarbeiten, in Monir ist sie verliebt, und als im Libanon geborene Christin repräsentiert sie zudem in gewisser Weise das Christentum.

Die Hauptfiguren als Getriebene

Alle drei begehen entscheidende Fehler, bleiben jedoch Sympathieträger, zumal sie eher Getriebene als treibende Kräfte sind: Monir hat seine Leute aus Liebe verraten, Oren ist alles andere als ein typischer Geheimagent, und Maria wird ohnehin mehr und mehr zum Spielball ihrer Emotionen sowie der rivalisierenden Organisationen.

Wie bei vielen Miniserien hätte sich manches auch kürzer erzählen lassen. Jede Sekunde ein Genuss ist dagegen Dov Glickman: Der Clubchef des Gastvereins ist der Sohn Münchener Holocaustüberlebender, die Partie ist für ihn weit mehr als bloß ein Fußballspiel. Der Israeli Glickman hat mit seiner Ausstrahlung bereits die Titelrolle von Dror Zahavis Brandenburger „Polizeiruf“-Episode „Hermann“ geprägt.

„Unsere Mütter, unsere Väter“ und „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“

Regie führte Philipp Kadelbach, vielfach ausgezeichnet für den Weltkriegsmehrteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ (2013, ZDF) oder das KZ-Drama „Nackt unter Wölfen“ (2015, ARD), der hier mit Jakub Bejnarowicz zusammengearbeitet hat. Anders als bei der gemeinsamen Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ (2021, Amazon) beeindruckt die Bildgestaltung diesmal nicht durch ihre Hochwertigkeit, sondern durch die Nähe zu den Figuren. Optisch mag „Munich Games“ dadurch zunächst weniger aufwendig wirken, aber der emotionale Effekt ist enorm.

Munich Games. Sky One zeigt die sechsteilige Serie immer sonntags um 20.15 Uhr. Die Serie ist auch auf Sky Q on demand und beim Streamingdienst WOW abrufbar.