Eine Plattform für Hass und Hetze: Apple und Google hatten das Netzwerk Parler aus den App-Stores verbannt, nun hat Amazon auch die Website abgeschaltet. Foto: AFP/Olivier Douliery

Nach zahlreichen Aufrufen zur Gewalt reicht es den Tech-Giganten: Erst haben Apple und Google die Apps des sozialen Netzwerks Parler blockiert, nun schaltet Amazon die Website ab. Die Betreiber wollen aber noch nicht aufgeben.

Stuttgart - Rechtspopulisten und Fans des amtierenden US-Präsidenten Donald Trump verlieren eine wichtige Online-Plattform: Wenige Tage nach dem Sturm auf das Kapitol in Washington hatten zunächst Google und Apple beschlossen, die App Parler aus ihrem Angebot zu werfen. Seit Sonntag ist das Netzwerk auch nicht mehr per Browser erreichbar: Amazon hat die Seite auf den hauseigenen Servern abgeschaltet.

In einer E-Mail an Parler teilte Amazon mit, dass der überbordende Hass und die Aufrufe zur Gewalt auf der Plattform die Gründe für die Entscheidung seien. „Wir haben jüngst beobachtet, dass die gewalttätigen Inhalte auf Ihrer Website stetig zunehmen, was unsere Nutzungsbedingungen verletzt“, heißt es in der Nachricht, die „Buzfeed“ vorliegt. Amazon sei davon überzeugt, dass der Plan nicht effektiv sei, Freiwillige einzusetzen um die Gewaltaufrufe zu moderieren.

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Damit ziehen sämtliche großen Tech-Konzerne dem Netzwerk den Stecker. Die Plattform, die ihren Namen vom französischen Verb „parler“ (deutsch: sprechen) herleitet, ist auf keinem Weg mehr zu erreichen. Die Betreiber suchen derzeit nach einem neuen Web-Anbieter und pausieren die Plattform für mindestens eine Woche. Einen neuen Web-Hoster zu finden sei nach Angaben von Parler allerdings schwierig, da alle wichtigen Tech-Konzern dem Netzwerk den Rücken zugekehrt haben.

Der wilde Westen unter den sozialen Netzwerken

Parler-Chef John Matze bezeichnet die Auswirkungen als „verheerend“. In einem Telefoninterview mit dem US-Sender „Fox News“ sagte Matze am Sonntag: „Von Textnachrichten-Diensten über E-Mail-Provider bis hin zu unseren Anwälten haben uns alle am selben Tag im Stich gelassen.“ Es seien nicht nur die Apps abgeschaltet worden, mit den Entscheidungen der Online-Konzerne werde „das ganze Unternehmen zerstört“.

Matze streitet die Vorwürfe ab, dass sein Netzwerk verantwortlich sei für die Vorfälle am vergangenen Mittwoch, als Anhänger von Donald Trump das Kapitol gestürmt hatten. Er verweist auf die freie Meinungsäußerung.

Doch über die freie Meinungsäußerung gingen viele Beiträge bei Parler hinaus. Rechtspopulisten schlugen dort unter anderem vor, Senatoren zu hängen. Im Vorfeld der Protestaktion am Kapitol hatten Trump-Anhänger unter anderem damit geprahlt, welche Waffen sie nach Washington mitbringen würden. Ein Großteil der Mitglieder ist vor allem vom vermeintlichen Betrug bei der US-Wahl überzeugt. Rund um den Wahltag bekam das mehr als zwei Jahre alte Netzwerk einen enormen Zulauf an neuen Nutzern. Im November wurde die Zahl auf etwa zehn Millionen geschätzt.

Seither gilt Parler gilt als der wilde Westen der sozialen Netzwerke, wo sich Hassreden und Verschwörungstheorien ungehindert ausbreiten können. Während Facebook und Twitter sich zumindest bemühen, Aufrufe zur Gewalt und Fremdenhass zu entfernen, bleiben sie bei Parler in der Regel stehen.

In Deutschland spielt das Netzwerk bisher kaum eine Rolle. Die meisten Beiträge sind auf englisch verfasst und konzentrieren sich auf US-Politik.