Der türkische Staatschef Erdogan will Soldaten aus Syrien holen. Foto: AFP/Kent Nishimura

Der türkische Präsiden peilt ein Treffen mit dem syrischen Staatschefs Baschar al-Assad an. Er will seine Truppen aus Syrien abziehen. Millionen Flüchtlinge sollen zurück nach Syrien.

Die Türkei schickt im Kampf gegen die kurdische Terrorgruppe PKK seit Jahrzehnten immer wieder ihre Soldaten in den Nordirak und hält seit 2016 außerdem Teile von Syrien besetzt, doch jetzt will Ankara die Militäreinsätze in beiden Nachbarländern beenden. Die PKK-Kämpfer in Irak und Syrien seien besiegt und die türkischen Südgrenzen sicher, sagt Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Mit dem angekündigten Abzug will Erdogan die Bedingungen des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad erfüllen, dem er Millionen Syrer aus der Türkei zurückschicken will. Schon vor Erdogan will der türkische Oppositionschef Özgür Özel in den nächsten Tagen nach Damaskus reisen, um Assad zu sprechen.

„Erdogan steht außen- wie innenpolitisch mit dem Rücken zur Wand“, sagt der Türkei-Forscher Hüseyin Cicek von der Universität Wien. Der Präsident habe Probleme mit der EU und den USA, vor allem wegen seiner heftigen Kritik an Israels Gaza-Krieg, so Cicek. Deshalb brauche er Erfolgserlebnisse und wolle den türkischen Wählern die Botschaft überbringen, dass die Ziele der Türkei in Irak und Syrien erreicht seien.

Erdogan will die Hilfe Assads

Außerdem wolle Erdogan die Hilfe von Assad beim Flüchtlingsproblem, sagte Cicek, auch wenn der syrische Diktator dafür Bedingungen stelle: „Assad möchte, dass es einen völligen Truppenabzug der Türkei gibt.“ Weil für die Türkei die Rückkehr der Flüchtlinge oberste Priorität habe, werde Ankara diese Forderung erfüllen. Für das heimische Publikum verbräme Erdogan den Rückzug mit dem Argument, dass die Militäraktionen bei den Nachbarn erfolgreich abgeschlossen seien.

Der türkische Präsident sagte bei der Abschlussfeier der Militärakademie in Istanbul, die türkische Armee habe die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) so geschwächt, dass die Kurdenrebellen in der Türkei nichts mehr ausrichten könnten. „Im Irak und in Syrien sitzt die Terrororganisation in der Falle.“ Im Nordirak könne die Türkei deshalb ihre Militärintervention bald beenden. In Nordsyrien müssten noch einige Lücken in einem „Sicherheitsgürtel“ entlang der türkischen Grenze geschlossen werden. Erdogan deutete den Abzug türkischer Truppen aus Syrien an: Der „Sicherheitsgürtel“ werde „auf der Grundlage der territorialen Integrität Syriens“ geschaffen.

Die PKK kämpft seit 1984 gegen den türkischen Staat und unterhält ihr Hauptquartier in den nordirakischen Kandil-Bergen. Ihr syrischer Ableger YPG hat in Nordsyrien eine Autonomiezone geschaffen. Mit Vorstößen in den Irak und der Einrichtung dauerhafter Stützpunkte im Nachbarland versucht die türkische Armee seit den 1990er Jahren, die PKK daran zu hindern, Kämpfer in die Türkei zu schicken. Seit 2016 besetzten die Türken in mehreren Angriffen auch Teile von Nordsyrien. Das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland warf Erdogan vor, er wolle den Konflikt nicht beenden. Ziel sei es vielmehr, „die Kurdinnen und Kurden und ihre Errungenschaften gänzlich zu vernichten“.

Antisyrische Proteste in der Türkei

Der türkische Präsident betonte, auch nach Abschluss der Militäraktionen im Irak und in Syrien werde die Türkei an ihren Grenzen „keine Strukturen akzeptieren, die unser Land bedrohen“. Mit seinem Verweis auf die territoriale Integrität Syriens ging Erdogan aber auf die Forderung der syrischen Regierung nach einem Truppenabzug ein.

Erdogan hatte in jüngster Zeit mehrfach seine Bereitschaft zu einem Treffen mit Assad erklärt. Die irakische Regierung will als Gastgeberin des Gesprächs beide Präsidenten nach Bagdad einladen.

Erdogan plädiert für eine Normalisierung der Beziehungen, um möglichst viele der 3,6 Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei nach Hause schicken zu können. Viele türkische Wähler machen die Syrer für soziale und wirtschaftliche Probleme in der Türkei verantwortlich; erst vor zehn Tagen wurden mehrere türkische Städte wieder von anti-syrischen Protesten erschüttert.