Der Bundesadler im Plenum des Bundestages: Dort werden den Regierungen im Bund und in den Ländern nächste Woche für weitere drei Monate umfassende Handlungsvollmachten erteilt. Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Koalition lässt die Bundesnotbremse Ende Juni auslaufen. Die Handlungsermächtigung für die Regierungen im Bund und den Ländern wird der Bundestag aber nächste Woche erneut erteilen.

Berlin - Trotz der stark gesunkenen Corona-Zahlen bleiben die Bundesregierung sowie die Landesregierungen über den Sommer weiter mit umfassenden Handlungsvollmachten ausgestattet. „Wir sind uns innerhalb der Koalition einig, noch einmal für drei Monate eine epidemische Lage nationaler Tragweite festzustellen“, sagte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) am Freitag unserer Zeitung: „Dies wird nächste Woche im Bundestag geschehen.“

Die Sozialdemokraten, die sich in den Gesprächen anfangs für eine kürzere Verlängerung stark gemacht hatten, aber unbedingt eine ebenfalls diskutierte Fortdauer weit über die Bundestagswahl hinaus verhindern wollten, werden zustimmen: „Wir als SPD können uns eine Verlängerung der epidemischen Lage bis September vorstellen, aber nicht etwa bis Jahresende“, sagte Johannes Fechner als rechtspolitischer Sprecher der Fraktion.

Für die Verlängerung muss das Infektionsschutzgesetz nicht geändert werden. Es sieht vor, dass die mit der festgestellten Pandemielage verbundenen Regierungsvollmachten automatisch nach drei Monaten auslaufen. Union und SPD planen daher, nur über einen kurzen Entschließungsantrag abzustimmen, der unserer Zeitung vorliegt. Wird er nächste Woche verabschiedet, würde kurz vor der Bundestagswahl wieder der parlamentarische „Normalzustand“ hergestellt.

An der pandemischen Lage hängt auch die Impfverordnung

Begründet wird die Verlängerung trotz einer am Freitag auf den einen bundesweiten Wert von 29,7 gesunkenen Sieben-Tages-Inzidenz mit anhaltender Vorsicht. „Bei uns hat sich die Lage durch die harten Einschränkungen nun deutlich verbessert, aber das Virus ist immer noch in der Welt und kann in neuen Varianten jederzeit zu uns kommen“, sagte die CDU-Gesundheitsexpertin Karin Maag unserer Zeitung: „In einem solchen Fall müssen die Regierungen auch weiterhin schnell handeln können.“ Regierungssprecher Steffen Seibert verwies am Freitag zudem darauf, dass an der Feststellung durch den Bundestag Regelungen wie die Impfverordnung oder Einreisebeschränkungen hängen, die auch in den Sommermonaten nötig bleiben dürften.

In der Opposition wird das teils ganz anders gesehen. „Die pandemische Lage muss Ende Juni und mit ihr die Notbremse auslaufen“, fordert FDP-Fraktionsvize Michael Theurer: „Das ist kein Leichtsinn, sondern die Hoffnung auf ein stückweit normales Leben und die zwingend nötige Rückgabe unserer Freiheitsrechte.“ Die bewährten Regeln zu Alltagsmasken und Hygiene könnten dennoch weiter gelten.

Eingeschränkter Spielraum trotz Handlungsvollmacht

„Wir dürfen nicht in eine Lage kommen, dass erhebliche Grundrechtseinschränkungen als normal angesehen werden“, warnt auch Fechner. Er sieht die Gefahr bei drei Monaten mehr aber nicht. CDU-Mann Frei verweist darauf, dass der Spielraum der Regierungen nun auch trotz Handlungsvollmacht kleiner werde: „Einen Blankoscheck erhalten sie damit nicht. Nur einmal angenommen, Regierungen würden im Sommer bei niedrigen Zahlen eine Ausgangssperre verhängen, verstießen sie damit meines Erachtens gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit im Infektionsschutzgesetz.“

Die „Notbremse“, die bundesweit zu Ausgangssperren in den Landkreisen geführt hatte, ist dagegen bald Geschichte – auch darin besteht in der Koalition Einigkeit. „Die Bundesnotbremse mit ihren erheblichen Grundrechtseingriffen“, so Fechner gegenüber unserer Zeitung, „wird definitiv Ende Juni auslaufen.“