Die Quellen könnten rund 75 Prozent des Urbacher Gesamtbedarfs an Leitungswasser abdecken. Foto: Gottfried Stoppel

Die Gemeinde Urbach hat Brunnen von Coca-Cola zurückgekauft. Ein Gutachten soll nun klären, wie das Quellwasser genutzt werden soll. Die Bürgermeisterin hat einen Wunsch.

Das Wasser, das aus den Urbacher Quellen entspringt, gehört wieder der Gemeinde. Nach jahrelangen Verhandlungen mit Coca-Cola hat der Gemeinderat den Rückkauf beschlossen. Initiiert hatte den ungewöhnlichen Coup die Bürgermeisterin Martina Fehrlen. Nachdem der Getränkekonzern bereits im Jahr 2017 die Produktion und den Vertrieb der Mineralwasser-Marken „Urbacher“ und „Schurwald“ eingestellt hatte, war Fehrlen im Herbst 2018 mit dem Unternehmen in Kontakt getreten und hatte eine Übernahme und Nutzung der Quellen durch die Gemeinde besprochen.

Kaufpreis „deutlich unter 200 000 Euro“

Im Juni des vergangenen Jahres konkretisierten sich die Verhandlungen, der Gemeinderat erteilte der Verwaltung ein Mandat für den Kauf der Quellen und den Grunderwerb bis maximal 200 000 Euro. Wie viel die Gemeinde letztlich genau bezahlt hat, mag die Bürgermeisterin nicht verraten. „Er lag aber deutlich darunter“, sagt Fehrlen und freut sich, dass der Kauf im März schließlich in trockenen Tüchern war.

Gekauft hat die Gemeinde drei Flachbrunnen, fünf Tiefbrunnen – darunter die Herminenquelle, die Schurwaldquelle und die Urbacher Quelle. Zusätzlich wurde das eingeschossige Betriebsgebäude erstanden, in dem sich früher große Behälter zum Mischen des Wassers aus den verschiedenen Quellen sowie Leitungen, Mess- und Absperreinrichtungen befanden. Die Brunnen wurden bislang als Mineralwasserbrunnen (Tiefbrunnen) und für die Entnahme von Spülwasser (Flachbrunnen) genutzt. Im Preis inbegriffen ist eine rund 7500 Quadratmeter große Landwirtschaftsfläche.

Acht Brunnen wurden gekauft

Bei den Flachbrunnen kommt das Nass aus zehn Metern Tiefe, bei den Tiefbrunnen ist die Quelle bei bis zu 80 Metern. Im Unterschied zu Flach- sind Tiefbrunnen unabhängig von der Wetterlage. Pro Jahr könnten über die Flachbrunnen bis zu 95 000 Kubikmeter Wasser entnommen werden. Die Nutzung der Flachbrunnen ist anders zu bewerten als die Nutzung der Tiefbrunnen. Dort könnten übers Jahr rund 294 000 Kubikmeter gewonnen werden. Die nutzbaren Wassermengen seien jedoch niedriger zu bewerten, da das Wasser nicht permanent benötigt werde und die Nutzung auch jährlichen Schwankungen unterliege. „Die neu erworbenen Quellen könnten rund 75 Prozent des Urbacher Gesamtbedarfs an Frischwasser abdecken“, sagt Bürgermeisterin Fehrlen. „Parallel ertüchtigen wir die vorhandenen Quellen, um deren Schüttung dauerhaft zu sichern und zu erhöhen. Auch haben wir jüngst umfangreich investiert, um die Wasserverluste im Netz zu reduzieren.“

Die Einspeisung ins Wassernetz möglich

Die Einspeisung ins Urbacher Wassernetz ist eine Möglichkeit, wie das Wasser genutzt werden könnte. Auch ein öffentlicher Trinkwasserbrunnen sei denkbar – oder eine Kombination aus beidem. Ein Strukturgutachten soll nun klären, wie das Wasser künftig genutzt werden kann. Ergebnisse sollen im Mai 2023 vorliegen. „Die Entscheidung über die Realisierung einer der verschiedenen Nutzungsvarianten trifft der Gemeinderat“, macht Fehrlen klar. „Es wäre mein Wunsch als Bürgermeisterin, dass wir das hochwertige Mineralwasser der Bevölkerung über einen öffentlichen Trinkwasserbrunnen dauerhaft zugänglich machen würden. So könnte man sich Zuhause das ’Urbacher Mineralwasser‘ selber aufsprudeln“, sagt Fehrlen. Darüber hinaus würde ein Trinkbrunnen in Katastrophenfällen der öffentlichen Nutzung zur Verfügung stehen.

Zusätzliche Investition sind nötig

Ungeachtet der sich daraus ergebenden Kosten werden weitere Investitionen unvermeidlich sein. Um das Betriebsgelände und die Nutzung der Quellen voneinander zu trennen, muss die Gemeinde bis Ende 2023 auch eine Ersatzleitung in einem öffentlichen Weg bauen. Die ursprünglich dafür veranschlagten Kosten in Höhe von rund 100 000 Euro würden im Hinblick auf die Kostensteigerungen im Baugewerbe nicht haltbar sein, sagt Fehrlen. Die Entscheidung fällt auch hier der Gemeinderat.

Gemeinderat war informiert

Dass die Bürgermeisterin bei einer Einwohnerversammlung im Mai quasi im Alleingang verkündete „Ich habe das Urbacher Wasser gekauft“, überraschte zwar das Publikum, einzelne Mitglieder im Gemeinderat reagierten allerdings verstimmt und fühlten sich übergangen.

Dazu stellt Fehrlen klar, dass das Gremium „inhaltlich stets über alle Schritte, die zum Kauf geführt haben, informiert gewesen ist“ – und zwar in nicht-öffentlichen Sitzungen. Ein Versäumnis habe es dennoch gegeben, wofür sich die Verwaltung auch beim Gemeinderat entschuldigt habe: In einer Sitzungsvorlage zum Kauf der Quellen im Februar dieses Jahres hatte ein fehlerhafter Beschlussvorschlag gestanden. In der Vorlage war lediglich von „Kenntnisnahme“ die Rede, korrekterweise hätte es dort aber „Beschluss“ heißen müssen. Diese Formalie wurde in der vergangenen Sitzung nachgeholt: Einmütig stimmten alle Urbacher Lokalpolitiker der Beschlussvorlage zu – und begrüßten den Kauf der Brunnen.