Frisch raffiniertes Goldgranulat. Foto: Mark Baker/AP/dpa

Wovon Alchemisten for Jahrhunderten träumten, scheint wahr geworden zu sein: Am Kernforschungszentrum Cern ist Gold aus Blei entstanden. Reich werden kann aber niemand damit.

Ältere, bärtige Gestalten in seltsamen Gewändern, die in einem kargen Kellerraum mit rauchenden Tiegeln und brodelnden Tinkturen hantieren und dabei geheimnisvolle Sprüche murmeln: So oder ähnlich stellen wir uns heute meist Alchemisten vor.

Ein Alchimist auf der Suche dem Heiligen Gral (Gemälde aus dem 17. Jahrhundert). Foto: Imago/Pond5 Images

Alchimisten: Quacksalberei und Magie

Irgendwo zwischen Quacksalberei und Magie angesiedelt verschrieben diese Pseudo-Gelehrten ihr Leben der Suche nach dem Stein der Weisen und dem Rezept, mit dem sich Blei zu Gold machen lässt, so die gängige Annahme.

Doch dieses Bild trifft nur zum Teil zu. Denn in Mittelalter und Renaissance war die Alchemie ein ebenso verbreitetes und zeitweilig durchaus angesehenes Fachgebiet wie andere Wissenschaften auch. Im 13. Jahrhundert war die Alchemie sogar bei einigen mittelalterlichen Universitäten hoffähig. Bis dann in einigen Regionen sogar Gesetze erlassen wurden, die die Produktion von Alchemistengold unter Strafe stellten.

In der Hexenküche eines Alchimisten. Foto: Imago/Gemini Collection

Aus Blei wird Gold: Das Cern macht’s möglich

Physiker haben am europäischen Kernforschungszentrum Cern in Genf aus Blei Gold gemacht. Bei der Kollision von Bleikernen fast bei Lichtgeschwindigkeit sei die Umwandlung von Blei in Gold durch einen neuen Mechanismus gemessen worden, teilte die Organisation in Genf mit. Das Cern macht aber gleich klar: Ein sagenhafter Goldschatz wird nicht entstehen.

Am maßgeblich aus Deutschland mitfinanzierten Cern wird nach dem Ursprung der Welt geforscht. Bei hochenergetischen Kollisionen von Bleikernen kann Plasma entstehen, von dem man annimmt, dass es in der millionstel Sekunde nach dem Urknall das Universum erfüllte, berichtet das Cern. Daraus dürfte die heute bekannte Materie entstanden sein.

Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider beim Cern in Genf

Gold existiert nur für winzigen Bruchteil einer Sekunde

Wenn die Bleikerne in den 27 Kilometer langen Tunnel des Teilchenbeschleunigers LHC (Large Hadron Collider) auf Kollisionskurs gejagt werden, kommt es aber viel häufiger vor, dass die Bleikerne haarscharf aneinander vorbeifliegen. Das intensive magnetische Feld der Kerne kann dazu führen, dass ihre innere Struktur in Schwingungen gerät und eine kleine Anzahl von Neutronen und Protonen ausgestoßen werden.

„Um Gold zu erzeugen (ein Kern mit 79 Protonen), müssen in den LHC-Strahlen drei Protonen aus einem Bleikern entfernt werden“, teilt das Cern mit.

Die Gesamtmenge sei aber immer noch Billionen Male weniger gewesen, als für die Herstellung eines Schmuckstücks erforderlich wäre, dämpft das Cern jegliche Hoffnung von Alchemisten. „Das Gold existiert nur für einen winzigen Bruchteil einer Sekunde.“

LHC: Der leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt. Foto: dpa/-Infografik

Und weiter heißt es aus Genf: „Der Traum der mittelalterlichen Alchemisten ist zwar technisch gesehen wahr geworden, aber ihre Hoffnungen auf Reichtum haben sich wieder einmal zerschlagen.“

Die Organisation beschreibt ihre Entdeckung in einem Fachartikel in der Zeitschrift „Physical Review Journals“. Sie wurden seit 2015 im Experiment „Alice“ realisiert.

Unedleres zum Edleren machen

Zurück zur Alchimie: In den Laboren der Alchemisten zischte und brodelte es. Sie versuchten, Legierungen herzustellen, Metalle zu schmelzen oder aufzulösen. Das Ziel: das Unedlere zum Edleren zu machen. Parallel wollten sie das inszenierte, spirituelle Erlebnis haben.

Die Alchemisten wollten nicht nur Metalle verändern, sondern auch selbst eine höhere geistige Ebene erreichen. Die erhaltenen Dokumente sind oft in Geheimsprache geschrieben und nur für Eingeweihte gedacht. Anders als heutige Wissenschaftler sahen Alchemisten ihre Erkenntnisse als Geheimwissen an.

Ein Alchimist mit seinem Assistenten (Farbdruck um 1537). Foto: Imago/Gemini Collection

Als Alchemie oder Alchimie – vom griechisch-arabisch-mittellateinisch: alkimia, frühneuhochdeutsch: alchemey – bezeichnet man ab dem 1./2. Jahrhundert die Lehre von den Eigenschaften der Stoffe und ihren Reaktionen. Die Alchemie ist ein alter Zweig der Naturphilosophie und wurde im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts von der modernen Chemie und der Pharmakologie begrifflich abgetrennt und im 19. Jahrhundert schließlich durch diese Fächer ersetzt.