Augsburgs Trainer Heiko Herrlich schwört trotz Corona auf Mannschaftstraining. Foto: imago//Christian Kolbert

Während sich die meisten Fußballprofis zu Hause fit halten, treibt der FC Augsburg die Rückkehr in die Normalität voran – macht sich damit aber nicht nur Freunde. Beim VfB will man sich bis mindestens 19. April gedulden.

Stuttgart/Augsburg - „Wir müssen jetzt alle enger zusammenrücken.“ Diesen Satz sagte Heiko Herrlich bei seiner Präsentation beim FC Augsburg am 10. März. Was damals als branchenübliche Trainer-Vorstellungs-Floskel durchging, klingt im aktuellen Kontext seltsam entrückt. Denn in Augsburg kommen sich die Profis nun tatsächlich wieder näher – trotz Corona und trotz verhängter Kontaktsperren. Als einziger Verein im Fußballoberhaus führen die bayerischen Schwaben seit dieser Woche wieder eine Art regulären Trainingsbetrieb durch.

Herrlich will „bestmöglich vorbereitet“ sein

Seine Mannschaft wolle auf die Wiederaufnahme der Saison – wann immer dies der Fall sein mag – „bestmöglich vorbereitet sein“, begründete Herrlich den Schritt. Der 48-Jährige, der durch die Pandemie noch kein Pflichtspiel mit seinem neuen Club bestritten hat, betont, dass das Training „unter Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen ablaufe“. Die Spieler sind in Kleingruppen über das Trainingsgelände verteilt, geübt werden Passspiel und Torschüsse. Nur Zweikämpfe sind tabu. Geduscht und umgezogen wird größtenteils zu Hause, für alle anderen werden die Umkleiden nach der Benutzung desinfiziert. Der FCA beruft sich trotz der in Bayern besonders strengen Ausgangs-und Kontaktregeln auf die Zustimmung seitens der Behörden. Als Argumentationsgrundlage dient dem Club das Profitum. „Unsere Trainingsplätze sind ja keine städtischen Freizeit-Anlagen, sondern Betriebsstätten“, heißt es von Seiten des Vereins. Am Arbeiten könne schließlich niemand gehindert werden.

Lesen Sie hier: So verbringen die VfB-Profis ihre Zeit in Quarantäne

Dieser Linie folgt auch Wolfsburgs Sportchef Jörg Schmadtke. „Wir machen keine Freizeit-Veranstaltung, sondern gehen nur unserem Job nach.“ Beim Club aus Niedersachsen hoffen sie mittels einer Ausnahmeregelung auf die Zulassung eines ähnlichen Trainingsmodells wie in Augsburg. Bislang trifft sich die Mannschaft zum zeitversetzten Krafttraining in Kleingruppen. Vor dem Training wird bei jedem Spieler Fieber gemessen. Auch Borussia Dortmund und Werder Bremen tasten sich langsam wieder an den Normalbetrieb heran.

Aus Sicht von Sportwissenschaftler Ingo Froböse von der Sporthochschule Köln durchaus nachvollziehbar. „Kleine Gruppen sind für Sportler, die es gewohnt sind, in Gruppen zu trainieren, besser als Einzeltraining“, meint er. Eine „Rudelbildung“ tue Profiteams auch in der momentanen Situation gut. „Man verabredet sich, man hilft sich. Und bleibt mit seinen Gedanken im System. Das Mentale ist neben der Körperlichkeit der große Vorteil.“

Appell für Chancengleichheit

Doch die Teil-Rückkehrer sind in der Rolle des Außenseiters. Die Spieler der meisten deutschen Proficlubs trainieren nach wie vor zu Hause – so auch beim VfB Stuttgart. Ob und wann Lockerungen des Verbots möglich seien, darüber sei man mit den Behörden im Austausch, heißt es beim Zweitligisten. Bis 19. April wolle man sich aber an die geltende Verordnung halten und von einem Trainingsbetrieb auf dem Clubgelände absehen, wie die Stadt Stuttgart bestätigte.

Forderungen nach einer Aufhebung der Trainingssperre erhebt beim Club aus Cannstatt niemand; wohl wissend, dass dies in der Öffentlichkeit kaum auf Zustimmung stieße. So wird der Augsburger Alleingang auch unter den eigenen Fans kritisch kommentiert. Aus Düsseldorf ertönt von Fortuna-Vorstandschef Thomas Röttgermann der Ruf nach einer einheitlichen Regelung: „Sonst haben wir einen Flickenteppich von 18 verschiedenen Lösungen bei 18 verschiedenen Vereinen“, appelliert Röttgermann an die Chancengleichheit. Tatsächlich befindet sich das Thema auf der Agenda einer Bund-Länder-Gruppe. Gut möglich also, dass die Augsburger samt Nachahmer bald zurückgepfiffen werden.