Der Verurteilte ist vorläufig im Klinikum am Weissenhof des Zentrums für Psychiatrie in Weinsberg untergebracht. Foto: dpa/Julian Buchner

Das Landgericht Heilbronn befindet einen 75-Jährigen des Totschlags für schuldig. Der Mann hat im Januar in Besigheim einen 64-Jährigen erschlagen.

Nach neun Verhandlungstagen und einem mehr als zweimonatigen Prozess hat die 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Heilbronn einen 75-jährigen Ukrainer wegen Totschlags an einem Landsmann zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilt. Mit dem Richterspruch wählten die Juristen exakt die Mitte zwischen den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung: Die Anklagebehörde hatte eine Gefängnisstrafe von acht Jahren gefordert, die Verteidigung eine Maximalstrafe von vier Jahren als für ausreichend angesehen.

Der Täter schlug mit einem Stuhlbein zu

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 75-Jährige am 11. Januar dieses Jahres einem 64-jährigen Landsmann, der mit ihm in einem Zimmer in einer Flüchtlingsunterkunft in Besigheim gewohnt hatte und körperlich unterlegen war, nach einem Streit mehrere Schläge mit einem mit Plastik umwickelten Stuhlbein aus Metall gegen den Hals und den Oberkörper versetzt hat. Das Opfer hatte versucht, sich zu wehren, erlitt jedoch durch die Schläge mehrere Hämatome, einen Bruch des Zungenbeins und des Kehlkopfes und erstickte letzten Endes wegen eines zentralen Regulationsversagens.

Ein Rechtsmediziner hatte erklärt, dass der 64-Jährige mehrere Vorerkrankungen gehabt habe, der Erstickungstod sei durch einen Kehlkopftumor begünstigt worden. Zum Tatzeitpunkt habe er zudem einen Blutalkoholwert von 2,79 Promille gehabt.

Den Angaben des Angeklagten zum Streit schenkte das Gericht nur zum Teil Glauben. Für unwiderlegbar hielten die Richter, dass das spätere Opfer den Angeklagten zunächst mit einem kleinen Tisch attackiert hatte. Am Tatort fand die Polizei später Trümmerspuren dieses Möbels. Nicht folgen wollten die Juristen der Aussage des 75-Jährigen, er sei anschließend mit einem Messer angegriffen worden und habe sich dann mit dem Stuhlbein verteidigt. „Dafür gibt es keinerlei objektive Anzeichen“, sagte der Vorsitzende Richter Martin Liebisch. Dass der Angeklagte vielmehr mit Tötungsvorsatz gehandelt habe, schloss das Gericht aus der Vielzahl und der Wucht der Schläge, die auch auf sensible Stellen wie Kopf und Hals zielten.

Wegen Demenz vermindert schuldfähig

Als strafmildernd sahen es die Richter an, dass der Mann wegen einer Demenzerkrankung in seiner Kritikfähigkeit und seinem Hemmungsvermögen stark beeinträchtigt und damit vermindert schuldfähig war. Zudem habe der Mann die tödlichen Schläge eingeräumt.

Anders als von der Staatsanwaltschaft beantragt, sah das Gericht jedoch davon ab, den 75-Jährigen längerfristig in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen. Derzeit ist er vorläufig im Klinikum am Weissenhof des Zentrums für Psychiatrie in Weinsberg untergebracht. Es gebe keine gesteigerte Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Tat wiederholen könne. Es habe sich um eine Einzelsituation zwischen zwei langjährigen Streithähnen gehandelt, der Angriff sei zunächst vom späteren Opfer ausgegangen. Eine generelle Gefährlichkeit des 75-Jährigen für die Allgemeinheit vermochte das Gericht daher nicht festzustellen.