Im Mai 2024 wurde der Mörder von Tabitha zu lebenslanger Haft verurteilt. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft soll der Mörder von Tabitha E. aus Asperg länger als 15 Jahre im Gefängnis bleiben. Die Anklage plädiert auf die besondere Schwere der Schuld. Wie stehen die Chancen?

Dem wegen Mordes an der 17-jährigen Tabitha E. aus Asperg (Kreis Ludwigsburg)zu lebenslanger Haft verurteilten 37-jährigen Mann droht eine längere Gefängnisstrafe als die üblichen 15 Jahre. Im Prozess wegen einer möglichen Vergewaltigung aus dem Jahr 2021, für die sich der 37-Jährige seit einigen Wochen vor dem Landgericht Stuttgart verantworten muss, hat die Staatsanwaltschaft neben einer Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten auch die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert. Dies würde bedeuten, dass eine so genannte nachträgliche Gesamtstrafe gebildet würde und der Angeklagte nicht wie üblich bei einer lebenslänglichen Verurteilung automatisch nach 15 Jahren Haft entlassen werden würde.

Die Staatsanwaltschaft sah es als erwiesen an, dass der Angeklagten am 3. April 2021 an einem 15-jährigen Mädchen aus der Clique rund um Tabitha E. in seiner Wohnung sexuelle Handlungen vorgenommen hat. Es sei auch gegen deren explizit geäußerten Willen zu einem Eindringen in den Intimbereich mit einem Finger gekommen.

Die Verteidigung plädierte auf Freispruch und forderte, weder die besondere Schwere der Schuld festzustellen noch die Sicherungsverwahrung anzuordnen. Sie bezog sich auf die Aussage des 37-Jährigen, der die Tat schon am ersten Verhandlungstag vehement bestritten hatte. Er hatte allerdings eingeräumt, regelmäßig Kontakt mit der Clique von Jugendlichen gehabt zu haben.

Was ist am Tatabend passiert?

An besagtem Abend Anfang April 2021 habe er zwei Jungen und das 15-jährige Mädchen auf deren Bitten mit dem Auto abgeholt, da diese ihren Bus verpasst hätten. Alle drei seien dann noch bei ihm in seiner Wohnung in Markgröningen gewesen und hätten Tee getrunken. Die beiden Jungen seien dann gegangen, das Mädchen sei noch geblieben, weil sie noch auf einen Bus gewartet habe. Sie habe auf dem Bett gelegen und habe ihn gebeten, sie zu massieren. Das habe er getan, oberhalb der Kleidung. Mehr sei nicht passiert.

Anschließend habe er sie nach Hause gefahren. Bis zu seiner Verhaftung im Juni 2022 habe sie ihm auch noch regelmäßig via WhatsApp geschrieben. Warum die 15-Jährige ihn bei der Polizei angezeigt habe, wisse er nicht. Er hatte vermutet, dass die Clique um Tabitha ihn „fertig machen“ wolle, damit er nie wieder aus dem Gefängnis komme.

Wann wird das Urteil verkündet?

Auch im Mordprozess Tabitha E. aus Asperg vor der 1. Großen Strafkammer im Jahr 2023 war immer wieder Thema gewesen, dass sich der Angeklagte mit deutlich jüngeren und zum Teil minderjährigen Mädchen umgab. Die mutmaßlich geschädigte 15-Jährige in diesem Prozess war 2023 als Zeugin vernommen worden, teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Den Vorwurf der Vergewaltigung hatte die damals 15-Jährige aber erst 2023 erhoben, also rund eineinhalb Jahre nach der mutmaßlichen Tat im April 2021. Anders als in diesem Prozess hatte der Angeklagte im Mordprozess bis zum Ende geschwiegen.

Ein Kriminalbeamter hatte in diesem Verfahren als Zeuge erklärt, er und seine Kollegen hätten bei bestimmten Punkten damals nicht tiefer nachgefragt, weil der Fokus der Ermittlungen auf dem Tötungsdelikt gelegen habe. Es seien ihm und seinen Kollegen aber mehrfache sexuelle Annäherungsversuche des Angeklagten gegenüber den Mädchen im Teenageralter aus Markgröningen bekannt geworden.

Das Urteil will die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Stuttgart am 12. März verkünden.