Die Fassungslosigkeit nach dem tödlichen Bahn-Unfall von Frankfurt ist groß. Foto: dpa/Boris Roessler

Ein Zug erfasst eine Fußgängerin, einen Radfahrer und ein Auto auf einem Bahnübergang. Eine junge Frau stirbt. Die Schranke war nicht geschlossen. Warum, ermittelt nun die Bundespolizei. Vor Ort ist die Rede von erschüttertem Vertrauen.

Frankfurt/Main - Ein Zug nahte heran, aber die Schranken standen offen: Bei einem schweren Bahnunfall im Frankfurter Stadtteil Nied ist eine 16-Jährige getötet worden. Zwei weitere Menschen wurden nach Angaben der Bundespolizei schwer verletzt, der Lokführer erlitt einen Schock. Die Schranken wurden aus einem Wärterhäuschen bedient, das an dem Abend mit einer Bahn-Mitarbeiterin besetzt war, wie der Sprecher der Frankfurter Bundespolizei, Ralf Ströher, sagte. Der genaue Ablauf war am Freitag aber noch unklar.

Der Lokführer einer Regionalbahn hatte am Donnerstagabend gegen 20 Uhr zwar eine Notbremsung eingeleitet, konnte den Zusammenstoß mit der 16-jährigen Fußgängerin, einem Auto und einem Radfahrer aber nicht verhindern, wie die Bundespolizei mitteilte. Die 50 Jahre alte Autofahrerin und der 52 Jahre alte Radfahrer wurden schwer verletzt und mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Die 35 Zugfahrgäste blieben unverletzt. Psychologische Notfallbetreuer waren vor Ort. Der Zug war in Richtung Frankfurt-Innenstadt unterwegs.

Sonderermittlungsgruppe der Bundespolizei

Am Montag werde die Bundespolizei eine Sonderermittlungsgruppe einsetzen, die sich ausschließlich mit dem Unfall beschäftigen werde. „Dann rechnen wir auch schnell mit Ergebnissen“, sagte Sprecher Ströher. Unklar sei auch, ob die Lichtsignalanlage ebenfalls keine Warnung abgab. Die Bahn erklärte, zum Hergang beziehungsweise zur Ursache könnten noch keine Aussagen getroffen werden.

Der Bahnübergang in dem Frankfurter Stadtteil liegt in einer leichten Kurve, mehrere Straßen führen auf ihn zu, ebenso wie ein Parkplatz. Das Wärterhäuschen befindet sich unmittelbar neben den Schienen. Am Unfallort wurden weiße und rote Rosen niedergelegt.

In Nied gibt es seit Jahren die Forderung, den Bahnübergang durch einen Tunnel zu ersetzen. Vor allem aus Sicherheitsgründen: „Wir alle in Nied haben es geahnt, dass dort irgendwann einmal ein schlimmer Unfall passiert. Beinahe-Vorfälle gab es immer wieder. Aber jetzt ist es wirklich geschehen“, schreibt der Vorsitzende der CDU Nied, Tobias Fechler, auf der Homepage der Partei. Das Vertrauen in den Bahnübergang sei nun erschüttert. „Es ist unglaublich, dass ein Zug kommt, wenn die Schranken oben sind. Das darf nie passieren“, schreibt der Lokalpolitiker. Der Baubeginn für eine Unterführung habe sich immer wieder verzögert.

Strecke voraussichtlich bis Montag gesperrt

Die Bahn erklärt auf ihren Internetseiten grundsätzlich zum Thema Bahnübergänge, dass turnusmäßig alle zwei Jahre oder bei Änderungen der Rahmenbedingungen wie einem erhöhten Verkehrsaufkommen überprüft werde, ob die vorhandene Technik „in ihrem Zustand noch ausreichend ist beziehungsweise ob sie erneuert werden muss“.

Die Strecke zwischen Frankfurt-Höchst und Mainzer Landstraße bleibt voraussichtlich bis Montag gesperrt. Die Züge werden umgeleitet. Der Konzernbevollmächtigte der DB für Hessen, Klaus Vornhusen, sprach den Angehörigen sein Mitgefühl aus, ebenso wie die Hessische Landesbahn, zu deren Flotte der Zug gehört.

In Hessen gibt es nach Bahnangaben insgesamt 1180 Bahnübergänge, 160 davon mit sogenannten Vollschranken, die beide Fahrtrichtungen der Straße überragen. Hier müsse stets sichergestellt werden, dass beim Schließen der Schranken der Bereich dazwischen frei ist, sagte eine Sprecherin. Dies geschehe beispielsweise per Video oder Radar - oder mittels Wärtern vor Ort. Insgesamt registrierte die Bahn im Jahr 2018 bundesweit 146 Unfälle an Bahnübergängen.