Cem Özdemir streichelt die Kangal-Hündin „Jolandi“. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir besucht das Tierheim in Stuttgart-Botnang. Was er dort zu hören bekommt, zeigt ein düsteres Bild für Tierheime in naher Zukunft.

Die Bilder sind süß, der Anlass ist bitter. Cem Özdemir streichelt einen Hund (türkischer Hirtenhund, riesig). Cem Özdemir streichelt eine Katze (Europäisch Kurzhaar, süß). Cem Özdemir streichelt eine Schlange (Kornnatter, naja). Ort der Zärtlichkeiten: das Tierheim in Stuttgart Botnang. Grund für den Besuch des Landwirtschaftsministers, in dessen Verantwortungsbereich auch der Tierschutz fällt: den Tierheimen steht das Wasser bis zum Hals – einigen auch schon ein gutes Stück höher.

Ein Viertel der Heime ist in der Existenz bedroht

„Ein Viertel der Tierheime wird diesen Winter nicht überleben, wenn keine Hilfe kommt“, sagt Thomas Schröder. Er ist Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, des Dachverbandes von mehr als 700 Tierschutzvereinen, die rund 500 Tierheime im Land betreiben. Die Heime kämpfen. Es braucht mehr Geld für Futter, mehr Geld für Tierärzte, mehr Geld für Energie. Nicht nur Kornnattern und Katzen mögen es warm. Und von denen, wie auch von allen anderen Tieren, werden immer mehr abgegeben, weil die Mehrkosten auch von vielen Tierhaltern nicht mehr gestemmt werden können.

Der Minister hört zu, und verspricht Hilfe. Zumindest so ein bisschen. „Wo wir helfen können, versuchen wir zu helfen“, sagt Özdemir, verweist aber auch darauf, dass es in erster Linie Sache der Kommunen ist, hier tätig zu werden. Doch es ist nicht nur Geld, was der Tierschutzbund benötigt – auch politische Unterstützung ist angesagt. Zum Forderungskatalog gehört eine Positivliste von Tieren, die gehalten werden dürfen – und das Verbot vom Online-Handel oder dessen Einschränkung. Das sei ein europäisches Problem, sagt der Minister. Das sei sehr wohl auf der nationalen Ebene anzupacken, sagt der Präsident der Tierschützer.

Tiere sind keine Weihnachtsgeschenke

Einig sind sich die beiden darin, dass vor dem Tierkauf das Hirn einzuschalten ist. „Immer mehr Tiere landen bei uns, weil davor nicht richtig überlegt wurde“, sagt Schröder. „Tiere sind keine Weihnachtsgeschenke“, erklärt Cem Özdemir. Die Liebe zu Tieren ließe sich auch anders zeigen als unter dem Tannenbaum – zum Beispiel durch eine Spende ans Tierheim. Und weil Politiker ungern mit leeren Händen kommen, hatte Özdemir auch einen Scheck für die Stuttgarter dabei. 7500 Euro aus einem Fonds, der die Mehrkosten abdecken soll, welche den Heimen durch Tiere aus der Ukraine entstanden sind. Viele Flüchtlinge haben Hund, Katze und Meerschweinchen erst mitgenommen, mussten sich dann aber doch schweren Herzens von ihnen trennen.