Musical der Theateragenden: Für das 25-Jahr-Jubiläum haben sich der Theateragenden etwas Besonderes ausgewählt: das Musical „Wirbel mit Mary“.
Fliegende Kindermädchen, tanzende Schornsteinfeger und eine immer noch aktuelle Botschaft: Im Jahr 1964 hatte der Walt-Disney-Film „Mary Poppins“ (Regie: Robert Stevenson) Premiere, nun kann man die zauberhafte Geschichte in Holzgerlingen erleben. Der mehrfach oscarprämierte Film basiert auf den zwei Romanen von P. L. Travers von 1934 – und die Musik haben die Komponisten-Brüder Sherman geschaffen. „Mary Poppins“ als Musical lief 2008 mit viel Erfolg in London und später in den Niederlanden, in Stuttgart und in Hamburg. Die Theateragenden haben für ihre leicht gekürzte „Mary Poppins“-Version eine Vorlage von Magreta Deichl und Peter Kurz genutzt. Regie führten Tobias Riedel und als Assistenz Madeline Seibold.
Tobias Riedel, Ensemble-Mitglied und seit zwei Jahren der neue Leiter des 1999 gegründeten Ensembles, ist ein großer Fan des Films: „Ich finde die Atmosphäre super und habe mit dem Gedanken gespielt, sie auf die Bühne zu bringen“, sagt er. Zudem sei die Thematik immer noch aktuell, schließlich ginge es um „Work-Life-Balance, die Emanzipation und die Frage, was wirklich wichtig im Leben ist“. Nicht zu vergessen, findet er die Charaktere „sehr charmant“.
Und deshalb beherbergt die Aula im Schönbuch-Gymnasium nun an fünf Tagen das Heim der Londoner Familie Banks. Den liebevoll gestalteten Kulissen der drei versierten Theatertechniker und -schreiner der Truppe sowie den Bühnenbildnern und Ausstattern sei dank. Die Kulissen in Form zweier Häuser evozieren mit Projektionen von Kirschbäumen überzeugend die Ansicht eines gutbürgerlichen Wohnviertels um 1910 in der Stadt und lassen sich überdies mittels ausklappbarer Seitentüren und Möbel in ein Wohn- und ein Kinderzimmer verwandeln.
Das Wohnzimmer mit Kamin mag anheimelnd wirken, aber im Augenblick hängt der Haussegen im Heim der Familie Banks schief: Die Kinder (liebreizend mit Haarschleifen und Schürzenkleidern: Lena Gercken und Madeline Seibold) sind mal wieder einmal spurlos verschwunden, das Hausmädchen hat gekündigt, und die Eltern sind auch nicht ansprechbar, denn George Banks (Christoph Hiller: machtbewusst, leistungsfixiert und zu 100 Prozent spaßbefreit) ist mit seiner Karriere und die Suffragette Winifred (Janina Meyer: sehr bestimmt) mit dem Kampf für das Frauenwahlrecht beschäftigt, wenn sie nicht gerade versucht, ihrem Mann alles recht zu machen.
Ein neues Hausmädchen muss also her. Bevor sich aber die Kandidatinnen überhaupt vorstellen können, findet auf geheimnisvolle Weise Mary Poppins ihren Weg in das Haus. Anja Ruckaberle als warmherzige Mary Poppins, die genau weiß, was sie will, krempelt kurzerhand den ganzen Haushalt um und punktet beim Nachwuchs mit einer großen Portion Fantasie und Humor – und mit mitreißendem, schwungvollen Gesang, wie auch die anderen Akteurinnen und Akteure.
Nach anfänglichen Erwägungen, das Musical mit Playback zu spielen, hat sich – mit beachtlichem Erfolg – der Software-Entwickler Felix König als Gesangslehrer betätigt, der auch die Musik arrangiert hat. „Es hat Überwindung gekostet, aber wir sind da reingewachsen“, beschreibt Darsteller Christoph Hiller den Lernprozess. „Ich glaube, dass ich sie mitunter an die Grenzen gebracht habe“, gesteht Regisseur Tobias Riedel. „Zum Singen gezwungen wurde aber keiner“, versichert er. Die ein oder andere schmissige Tanzeinlage spendieren die Schauspielerinnen und Schauspieler auch. In die Charakterdarstellung haben sie sich auch selbst als Personen mit eingebracht und bringen dem Publikum überzeugend nahe, wie sich der rigorose Geizhals George Banks und seine hin- und hergerissene Frau Winifred allmählich der Menschlichkeit besinnen und neue Prioritäten in ihrem Leben setzen.
Nun stellt „Mary Poppins“ an die Ausstatter so manche Herausforderung – Menschen fliegen vor Lachen an die Decke, es wird auf Dächern getanzt, und die Mitwirkenden steigen in ein Bild mit einem Jahrmarkt. Doch das findige Team hat für alles eine Lösung gefunden, unter anderem mithilfe von Projektionen, die manchmal den ganzen Raum umfassen. Auch die Darstellerinnen und Darsteller beziehen den Zuschauerraum immersiv in ihr Spiel mit ein. Fazit: einfach zauberhaftes Theater.
Spielplan Die nächsten Aufführungen sind am 2., 8. und 9. November um 20 Uhr. Am Sonntag, dem 3., startet auch eine Vorstellung – bereits um 18.30 Uhr. Die Familienvorstellung um 14 Uhr ist schon ausverkauft. Karten gibt es im Holzgerlinger Stadtcafé, im Rathaus und über die Internetseite die-theateragenden.de.